Brillenpinguine

Artenschutz Die Pinguinretter von Kapstadt

Stand: 22.02.2025 08:39 Uhr

Der Bestand der Brillenpinguine in Südafrika ist in den vergangenen drei Generationen um 97 Prozent gesunken. Forschende haben in der Nähe von Kapstadt eine Auffangstation für verletzte Tiere eingerichtet.

12 Uhr mittags an einem warmen Sommertag in Table View, einem kleinen Ortsteil im Norden der Touristenmetropole Kapstadt. In den Gehegen der "Südafrikanischen Stiftung für den Erhalt der Küstenvögel (SANCCOB)" ist Fütterungszeit. Mitarbeiterinnen in Gummistiefeln und grünen Anglerhosen verteilen eimerweise Fisch. Pinguine watscheln voller Vorfreude auf sie zu.

"Damit Pinguine überleben, brauchen sie drei Fische am Tag. Um gut zu gedeihen, sind es sechs Fische", sagt Robyn Fraser-Knowles, der bei SANCOBB unter anderem für die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch mit Tierparks und Aquarien weltweit zuständig ist.

Seit 1968 kümmert sich die gemeinnützige Organisation um den Schutz bedrohter Seevogelarten und besonders intensiv um die Afrikanischen Pinguine, denn denen geht es so schlecht wie noch nie.

Nur noch 6.800 Brutpaare

Ihre Zahl sei in den vergangenen 60 bis 80 Jahren um 97 Prozent zurückgegangen, sagt Fraser-Knowles. "Die Tiere werden im Schnitt etwa 20 bis 30 Jahre alt. Bei unserer letzten Erfassung haben wir nur noch etwa 8.600 brütende Paare in freier Wildbahn gezählt."

Dabei bevölkerten früher hunderttausende, vielleicht sogar mehrere Millionen Pinguine die Inseln und Küsten am Kap. Seit dem vergangenen Oktober aber steht die Art auf der Roten Liste der "Internationalen Union zur Bewahrung der Natur". Das heißt: Der Afrikanische Pinguin, auch Brillenpinguin genannt, gilt als stark gefährdet. Wenn nichts passiert, so die Warnung der Wissenschaft, werden die letzten Tiere in zehn Jahren verschwunden sein.

Gregg Oelofse ist Umwelt- und Küstenmanager in der Provinz Western Cape. Er versucht zusammen mit SANCOBB und anderen Naturschutzorganisationen zu verhindern, dass der Afrikanische Pinguin tatsächlich ausstirbt.

"Die Forschenden gehen davon aus, dass die größte Bedrohung für den Afrikanischen Pinguin darin liegt, dass seine Nahrungsressourcen verschwinden. Das sind Sardinen und Sardellen, also Fischarten, die auch vom Menschen gefangen werden. Die Überfischung hat die Nahrung für Pinguine massiv verringert."

SANCCOB versucht, einzelne Pinguine zu schützen und zu pflegen. Dazu gehört auch die Rettung von Eiern, die Rettung von Küken, die Handaufzucht der Küken und die Rückführung von erwachsenen Tiere in die Natur.

Die Afrikanischen Pinguine gehören zu den eher kleineren Vertretern ihrer Art. Sie werden im Schnitt 45 Zentimeter groß und drei Kilo schwer, wenn sie gesund sind. Die Tiere in der SANCCOB-Pflegestation sind das in der Regel aber nicht. Sie haben gebrochene Knochen oder abgetrennte Gliedmaßen, leiden unter Infektionskrankheiten oder verklebten Federn. Derzeit werden in den Behandlungsräumen in Table View 19 Brillenpinguine versorgt, die vor der südafrikanischen Küste in eine Ölpest geraten waren - was für die Tiere lebensgefährlich ist.

Ölverschmutzte Pinguine können nicht mehr schwimmen

Sobald ein Pinguin mit Öl in Berührung kommt, verliert er seinen Auftrieb. Die Tiere haben innere Federn, die sie schwimmfähig machen, und äußere Federn, die sie wasserdicht halten. "Wenn das Öl auf die Federn gelangt, führt es dazu, dass die Pinguine nicht mehr schwimmen können," sagt Fraser-Knowles. "Wenn sie nicht schwimmen können, können sie auch nicht fressen. Das heißt: Wenn wir verölte Pinguine finden, dann sind sie nicht nur mit Öl bedeckt und frieren, sondern sie drohen auch zu verhungern."

Die Pinguine von dem klebrigen Öl zu befreien, ist eine schwierige Arbeit. "Oft können wir sie nicht einmal sofort waschen. Ganz einfach deshalb, weil das Waschen für die Pinguine ein unglaublich stressiger Prozess ist. Man muss buchstäblich Spülmittel auf eine Zahnbürste geben und schrubben und schrubben und schrubben."

Verwaiste Eier werden ausgebrütet

Eines der Becken der Rettungsstation in Table View ist reserviert für Dauergäste: Tiere, die sich in der Wildnis nicht überleben würden. Zum Beispiel ein Brillenpinguin, der einen Flügel verloren hat. Einem anderen fehlt ein Auge. Neben den Wasserbecken sind die Behandlungs- und Operationsräume der Tierklinik.

SANCCOB betreibt auf seinem Gelände seit einigen Jahren auch mehrere Brutkästen. Denn die Organisation sammelt an den Stränden zurückgelassene Pinguineier auf. Robyn Fraser-Knowles meint, Hintergrund, dass so viele Eier gefunden werden, seien die Folgen des Klimawandels. "Aufgrund der extremen Hitze, des extremen Wetters, lassen viele Pinguine ihre Eier im Stich, um sich selbst zu retten, um ins Meer zu gehen und sich abzukühlen. Wir bringen die Eier hierher und brüten sie aus, ziehen die Küken von Hand auf und setzen sie wieder in den wilden Kolonien aus."

Wichtiger Schritt, aber noch keine Trendwende

Das Zuchtprogramm ist überaus erfolgreich. Aktuell werden rund 70 Eier ausgebrütet und mehr als 30 Küken versorgt. Insgesamt hat SANCCOBB über 9.000 Pinguine großgezogen und anschließend ausgesetzt, versehen mit Transpondern, kleinen Computerchips, damit die Tier später lokalisiert und identifiziert werden können. Ein wichtiger Schritt zum Erhalt dieser Art, aber noch keine Trendwende.

Der Kampf um den afrikanischen Pinguin ist auch ein Kampf gegen die Zeit. Trotzdem glauben die Mitarbeitenden von SANCCOB, dass die Chance, diese bedrohte Art vor dem Aussterben zu bewahren, nach wie vor existiert.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 22. Februar 2025 um 05:14 Uhr.