Erfolg der Massenproteste in Ägypten Mubarak gibt auf, das Militär übernimmt
Es herrschte unbeschreiblicher Jubel auf dem Tahrir-Platz, als die Nachricht die Runde machte: Präsident Mubarak ist zurückgetreten. Das teilte Vizepräsident Suleiman mit. Ein Militärrat übernimmt die Amtsgeschäfte. Mubarak beugte sich damit dem Druck der Protestbewegung, die nach seinen enttäuschenden Worten gestern noch einmal angewachsen war.
Nach drei Jahrzehnten an der Macht gibt er auf: Präsident Hosni Mubarak hat sein Amt als Präsident Ägyptens niedergelegt. Das erklärte sein Stellvertreter Omar Suleiman. Angesichts "der schwierigen Umstände" habe sich Mubarak entschieden, seinen Posten zu räumen und die Armee mit der Führung des Landes zu betrauen. Ein Militärrat werde die Amtsgeschäfte übernehmen.
Die Armee werde den Willen des Volkes erfüllen, versprach ein Militärsprecher. Allerdings nannte er keine Details. Aus Militärkeisen wurde bekannt, dass an der Spitze des neuen Rates Verteidigungsminister Mohamed Hussein Tantawi stehen soll. Das Oberkommando der Streitkräfte werde Regierung und Parlament entlassen, berichtete der arabische Nachrichtensender Al-Arabija. Der Militärrat wolle die Macht dann zusammen mit der Spitze des ägyptischen Verfassungsgerichtes ausüben.
Unklar ist bislang, ob und welche Veränderungen es in den wichtigsten Positionen des Landes geben wird. Noch ist die alte Machtelite um Mubarak nicht von den wichtigsten Posten gewichen. Mubarak hatte am Nachmittag in einem Hubschrauber die Hauptstadt verlassen. Er flog den Angaben eines Regierungsbeamten zufolge mit seiner Familie in den Badeort Scharm al Scheich am Roten Meer.
Vizepräsident Suleiman mit der entscheidenden Nachricht an das ägyptische Volk.
"Der Beginn eines neuen Ägypten"
Auf dem Tahrir-Platz in Kairo brach gewaltiger Jubel aus, als die Nachricht die Runde machte. "Gott ist der Größte" und "Das Volk hat das Regime gestürzt" riefen die Demonstranten. Autokonvois fuhren hupend durch die Straßen. "Das ist der Anfang, nicht das Ende. Es ist der Beginn eines neuen Ägypten", sagte der Juraprofessor Hossam Issa. Oppositionspolitiker Mohamed ElBaradei jubelte, es sei der großartigste Tag seines Lebens. "Das Land ist nach Jahrzehnten der Unterdrückung befreit." Die Muslimbruderschaft nannte den Rücktritt Mubaraks einen Sieg für das ägyptische Volk. Das Hauptziel sei erreicht.
Auf dem Tahrir-Platz hatten sich seit dem Morgen immer mehr Menschen versammelt. Zudem belagerten sie das Gebäude des staatlichen Fernsehens und erstmals auch den streng bewachten Präsidentenpalast im Nobel-Vorort Heliopolis. Einige Demonstranten drohten, das Gebäude zu stürmen. Die Lage war äußerst angespannt, berichteten Augenzeugen. Das Militär war in der Nähe präsent, schritt aber nicht ein.
In Al-Arisch waren die Proteste eskaliert, ein Mann wurde nach Berichten von Augenzeugen erschossen. Die Demonstranten hatten in der Stadt im Nordsinai eine Polizeistation angegriffen. Daraufhin kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Auch in Alexandria, der zweitgrößten Stadt des Landes, marschierten am 18. Tag der Proteste tausende Demonstranten zu einem der Paläste Mubaraks.
Das Militär machten den Demonstranten Hoffnungen
Mit Mubaraks Rücktritt erfüllte sich die Forderung der Demonstranten, nachdem sie 18 Tage ununterbrochen auf dem Tahrir-Platz ausgeharrt hatten. Sie hatten sich nicht besänftigen lassen von kleineren Zugeständnissen Mubaraks. Auch Provokationen der Polizei und von Regierungsanhängern hielten sie nicht davon ab, auf dem Platz zu bleiben. Gestern Abend hatte es bereits Gerüchte gegeben, Mubarak trete womöglich zurück.
Ein hochrangiger Militärsprecher hatte den Demonstranten auf dem Platz versprochen, alle ihre Forderungen würden erfüllt. Daraufhin waren zahlreiche Menschen auf die Straßen geströmt. Doch die Hoffnungen wurden enttäuscht, als Mubarak in einer Fernsehrede wieder nur kleine Zugeständnisse machte. Er wollte lediglich einen Teil der Macht an seinen Vertrauten, Vizepräsident Suleiman, abgeben. Dieser forderte danach die Demonstranten erfolglos auf, die Proteste zu beenden. Doch Mubaraks Absicht, bis zur Präsidentschaftswahl im September im Amt zu bleiben, ging nicht auf.
Inzwischen sperrte die Schweizer Regierung alle Gelder Mubaraks und der Personen seines Umfelds. Damit solle eine Veruntreuung der Vermögenswerte des ägyptischen Staates verhindert werde, teilte das Außenministerium der Schweiz mit. Insbesondere dürften Immobilien nicht verkauft oder überschrieben werden. Der Schweizer Nachrichtenagentur SDA zufolge forderte die Regierung die Banken des Landes auf, mögliche Vermögenswerte des Mubarak-Clans ausfindig zu machen und zu sperren. Vor kurzem war in der Schweiz die so genannte "Lex Duvalier" in Kraft getreten. Dieses Gesetz erlaubt es, Vermögenswerte ehemaliger Staats- und Regierungschefs zu konfiszieren und ohne Gerichtsurteil an deren Länder zurückzuerstatten.