Nigeria "Pate von Lagos" als neuer Präsident vereidigt
Das bevölkerungsreichste Land Afrikas hat einen neuen Präsidenten. Er gilt als mächtiger Politiker, war früher der Gouverneur von Lagos - und spielte vor knapp 30 Jahren eine Rolle in US-Drogenermittlungen.
In Nigeria ist der neue Präsident Bola Ahmed Tinubu vereidigt worden. Die Wahl des 71-jährigen Politikers war von Pannen und Betrugsvorwürfen überschattet. Die Kandidaten der beiden größten Oppositionsparteien erkennen die Wahl nicht an und beklagen massive Manipulationen.
Der aus dem Südwesten des bevölkerungsreichsten Landes Afrikas stammende Muslim folgt an der Staatsspitze dem 80-jährigen Ex-General Muhammadu Buhari, der nach zwei Amtszeiten abtritt. Er gilt seit Jahren als mächtiger Drahtzieher der regierenden APC-Partei. Seiner Amtseinführung wohnten mehrere Staatschefs afrikanischer Staaten sowie Delegationen unter anderem aus den USA, Großbritannien und China bei.
Nigeria hat große Probleme
Die Ausgangslage für Nigeria und seine 219 Millionen Einwohner sieht düster aus: Im Norden des Landes sind Dschihadisten wie die Terrormiliz Boko Haram aktiv, landesweit entführen bewaffnete Banden Menschen. Im Südosten Nigerias kämpfen Separatisten und im Zentrum sterben Tausende Menschen in Konflikten um fruchtbares Land. Polizei und Sicherheitskräften werden schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen.
Früher war Nigeria mit seinen reichen Ölvorkommen der führende Produzent des Kontinents, dennoch fehlt es heute an Treibstoff. Der Staat ist hoch verschuldet und die Bevölkerung leidet unter hoher Inflation.
Statistiker sagen eine Arbeitslosenquote von mehr als 40 Prozent in diesem Jahr voraus. Trotzdem bleibt Nigeria eine der größten Volkswirtschaften des Kontinents.
"Pate von Lagos"
Tinubu spielte in den frühen 1990er Jahren eine Rolle in Drogenermittlungen von US-Behörden. Das Justizministerium ging damals davon aus, dass auf US-Konten Tinubus Gelder aus Heroinhandel geparkt wurden. Endgültig geklärt wurden die Vorwürfe nie, Tinubu wies sie zurück. Mit den US-Behörden einigte er sich auf den Verzicht eines Teils des Geldes in Höhe von 460.000 US-Dollar.
Zwischen 1999 und 2007 war Tinubu der Gouverneur von Lagos, der größten Stadt des Landes. Ein Spitzname von ihm lautet "Pate von Lagos". Die Entwicklung der Stadt zu einem der wichtigsten wirtschaftlichen Zentren Nigerias wird ihm zugeschrieben. Viele Nigerianer hoffen nun, dass er die Wirtschaftslage des ganzen Landes verbessern kann.
Analysten sind jedoch skeptisch, denn der Präsident hat nur einen kleinen Teil der Bevölkerung hinter sich. Die Wahl im Februar gewann er zwar mit 36,6 Prozent - in absoluten Zahlen waren dies aber nur 8,8 Millionen Stimmen.