
Nach Kürzung der US-Hilfen Fortschritte gegen Tuberkulose in Gefahr
Tuberkulose ist noch immer weltweit verbreitet. Ohne die US-Hilfsgelder sehen Mediziner den Kampf gegen die Infektionskrankheit um bis zu 20 Jahre zurückgeworfen - mit verheerenden Folgen auch für Europa.
Kleinste Tröpfchen in der Luft reichen aus, um sich zu infizieren - unbehandelt kann sie zum Tod führen: Die Infektionskrankheit Tuberkulose ist in vielen afrikanischen Ländern ein großes Problem, etwa in Nigeria.
Jedes Jahr erkranken auf dem Kontinent schätzungsweise 2,5 Millionen Menschen an Tuberkulose, sagt Cathy Hewison von der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen. "Länder im Osten und Süden Afrikas sind am stärksten betroffen. Südafrika und Mosambik. Aber auch in der Demokratische Republik Kongo, in Kenia und Somalia ist Tuberkulose weit verbreitet."
Nach jüngsten Zahlen erreichten die jährlichen Neuerkrankungen zuletzt einen Höchststand von 10,8 Millionen. Besonders betroffen sind mehrere Länder in Süd- und Südostasien, aber auch viele afrikanische Länder südlich der Sahara. Dort infizieren sich auch viele Menschen mit Unter- oder Mangelernährung. Denn dadurch ist das Immunsystem geschwächt und anfälliger für die Bakterien. Aufgrund des angeschlagenen Immunsystems bricht auch bei vielen HIV-Positiven Tuberkulose aus.
"Ohne US-Hilfsgelder werden Fallzahlen steigen"
Im ostafrikanischen Land Somalia, zerrüttet durch Krieg und Kämpfe, unterstützt Ärzte ohne Grenzen ein Bezirkskrankenhaus. Es geht darum, Tuberkulose bei Kindern besser zu erkennen. Auch in Somalia ist Mangelernährung ein Problem. Das Land ist zudem von den Kürzungen der US-Hilfsgelder betroffen.
Es geht um medizinisches Personal und lebenswichtige Medikamente wie Antibiotika. "Wir sind sehr besorgt, dass ohne die US-Hilfsgelder der Kampf gegen Tuberkulose um zehn bis 20 Jahre zurückgeworfen wird", sagt Ärztin Hewison. Derzeit lasse sich noch nicht sagen, ob die Zahlen seither ansteigen - dafür sei der Zeitraum zu kurz. "Wenn aber weniger Geld in den Kampf gegen Tuberkulose investiert wird, werden wir sehen, dass sich die Krankheit wieder deutlich stärker ausbreitet."
WHO-Chef: "USA haben Verantwortung"
Ärzte ohne Grenzen finanziert sich durch private Spender, nicht durch Geld von Regierungen. Doch viele andere Hilfsorganisationen, die in afrikanischen Ländern arbeiten, sind stark abhängig von US-Hilfsgeldern. In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat die finanzielle Unterstützung aus den USA gegen Tuberkulose fast 80 Millionen Menschen weltweit das Leben gerettet.
Diese Errungenschaft sei nun in Gefahr, warnt der Chef der Weltgesundheitsorganisation, WHO, Tedros Ghebreyesus. "Die Vereinigten Staaten haben auch eine Verantwortung. Wenn sie die Hilfsgelder zurückziehen, müssen sie sicherstellen, dass das auf eine ordentliche und menschliche Art geschieht, damit diese Länder die Möglichkeit haben, neue Finanzierungsquellen zu finden", sagt er.
Auch eine Gefahr für Europa
Die Finanzierungslücken sind groß, neue dauerhafte Geldgeber häufig noch nicht in Sicht. Das könnte verheerende Folgen haben, meint Hewison von Ärzte ohne Grenzen - auch für Deutschland und Europa. "Tuberkulose ist eine Pandemie. Es gibt sie in nahezu jeder Region der Welt", erklärt die Tuberkulose-Expertin. "Ähnlich wie bei Covid könnte es durch Reisen von einem Kontinent zum anderen einen Anstieg von Tuberkulose-Fällen in vielen Regionen geben."
Tuberkulose ist eine der tödlichsten Infektionskrankheiten, wenn sie nicht behandelt wird. Erschütternde Nachrichten für Tuberkulose-Kranke in Afrika, für die es in Zukunft möglicherweise keine Medikamente mehr geben wird.