Initiative in Uganda Genug von der Hilfe der "Weißen Retter"
Schnappschüsse mit Heimkindern, Hilfsorganisationen mit altbekannten Hierarchien: Eine Initiative in Uganda will zeigen, was in der Entwicklungsarbeit oft falsch läuft. Ihr Ziel: Hilfe auf örtliche Erfahrungen auszurichten.
Als Olivia Alaso ein Kind war, musste sie so oft weiße Besucher begrüßen. Sie wuchs in Jinja auf, einer Stadt am Viktoriasee in Uganda. Hier gibt es viele Hilfsorganisationen oder auch Touristen, die während ihres Urlaubs Gutes tun wollen. "Meist besuchten sie uns in der Schule. Wir haben nie richtig verstanden warum, aber wir mussten dann für sie singen und klatschen", erinnert sie sich. Schon damals fand Olivia Alaso diese erzwungenen Aufführungen falsch, mit denen die Kinder sich für ein paar mitgebrachte Schulhefte oder Stifte bedanken sollten.
Als noch viel schlimmer sieht sie es heute an, wenn Weiße in Kinderheime gehen, dort Babys auf den Arm nehmen und für Fotos posieren: "In ihren eigenen Ländern könnten sie solche Bilder nicht machen. Sie haben nicht das Recht dazu. Aber wenn sie nach Afrika kommen, empfinden sie es als ganz normal", sagt sie. "Warum muss das normal sein, dass afrikanische Kinder Attraktionen für Touristen sind?"
Die Entscheidungsmacht haben häufig Ausländer
Die Mittdreißigerin Alaso ist eine der Gründerinnen von "No White Saviors" - "Keine weißen Retter". Ziel des Teams: Deutlich machen, wie falsch Hilfe auf dem afrikanischen Kontinent oft angegangen wird. Alaso erlebte das selbst, als sie als Sozialarbeiterin bei verschiedenen Organisationen beschäftigt war. Die Macht, Entscheidungen zu treffen, hätten dort die Ausländer gehabt, sagt sie: "Ich kannte als Sozialarbeiterin die Gemeinschaften gut, um die ich mich gekümmert habe. Aber dann schrieb mir jemand von außerhalb vor, was ich machen sollte. Das ist doch nicht richtig."
Oft entscheide die Hautfarbe darüber, ob jemand als kompetent angesehen werde. Das könne sogar tödliche Folgen haben, meint Alaso. Als Beispiel nennt sie den Fall einer Missionarin aus den USA, die in Jinja unterernährte Kinder behandelt haben soll, ohne die entsprechende Ausbildung zu haben. Einige davon seien gestorben, weil niemand das Vorgehen der Frau in Frage gestellt habe. So etwas will die Organisation "No White Saviors" verhindern und ein Umdenken vorantreiben.
Afrikas "Helfer-Industrie": ein gutes Geschäft
Ein Mittel, um ein großes Publikum zu erreichen, ist ein regelmäßiger Podcast. "Wenn du dich nicht unbehaglich fühlst, hörst du nicht richtig zu", heißt es da im Intro. Die Diskussionen drehen sich darum, wie Hilfe entkolonialisiert werden kann. Denn bisher orientiere sich das System an alten Machtstrukturen, meint Alaso: "Die Helfer-Industrie in Afrika ist für Weiße ein blühendes Geschäft. Sie sacken hier Gehälter ein, die sie Zuhause nie bekommen hätten. Sie haben alle möglichen Privilegien: schicke Häuser, Dienstwagen, Extrazahlungen. Aber wer macht die ganze Arbeit und schreibt die Berichte?" Das seien vor allem die einheimischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die weitaus schlechter bezahlt würden.
"No White Saviors" arbeitet mit verschiedenen ugandischen Organisationen zusammen. Unterstützt sie zum Beispiel dabei, Gelder aufzutreiben - um zu zeigen, dass die Menschen in Ugander selbst führen können: "Sie wissen am besten, was gebraucht wird."
Eine der Organisationen heißt "Faces up". Sie will Kindern und Jugendlichen in Uganda zu einer besseren Bildung verhelfen, indem sie gemalte Bilder versteigert - mit dem Erlös werden dann die Schulgebühren bezahlt.
Eine "weiße Retterin in der Lernphase"
Neben Olivia Alaso hat "No White Saviors" noch eine andere Gründerin: Kelsey Nielsen, eine weiße US-Amerikanerin. Sie kam einst als Sozialarbeiterin nach Uganda und bezeichnet sich jetzt als "weiße Retterin in der Lernphase".
"Du beschäftigst dich mit den Themen und hoffst, dass du selbst irgendwann nur noch ein kleiner Teil des Problems bist", sagt sie. "So sollte bewusster Antirassismus aussehen. Ich bin ein besserer Mensch, seit ich Olivia kenne."
Gemeinsam wollen sie die Organisation weiter entwickeln. Immer nach einem Motto, das auch bei jedem Podcast ganz am Anfang steht: "Wir wollen Weiße nicht ausschließen. Ihr sollt nur nicht die Helden unserer Geschichte sein."