Militärübung "Air Defender 23" Wie US-Soldaten Europas Luftraum verteidigen
Morgen startet die "Air Defender 23"-Übung über Deutschland. Tausende Soldatinnen und Soldaten aus 25 Staaten trainieren für den Ernstfall. Die USA sind mit 100 Flugzeugen dabei.
Irak, Afghanistan und Syrien - Richard Hunt ist seit mehr als 20 Jahren für die "Air National Guard" der USA im Einsatz. Sechs Monate vor den Terroranschlägen am 11. September 2001 hat der Pilot in Arizona seine Ausbildung für A-10- und OA-10-Flugzeuge abgeschlossen. Das sind Maschinen, die die US-Amerikaner extra entwickelt haben, um nah an der Front und über dem Boden Truppen zu unterstützen.
Vor wenigen Tagen ist der kriegserfahrene Soldat Kommandant der 175. Einheit der "Air National Guard" in Maryland geworden - und fliegt mit seiner Mannschaft gleich über Estland nach Hohn in Schleswig-Holstein.
Richard Hunt ist Kommandant der 175. Einheit der "Air National Guard" in Maryland. Er bereitet die Soldaten auf die Übung vor.
Größte Verlegung der US-Luftstreitkräfte nach Europa
Hunt wird mit seiner Einheit an der "Air Defender 23"-Übung teilnehmen. "Es ist die größte Verlegung US-amerikanischer Luftstreitkräfte nach Europa, seit es die NATO gibt", erklärt der Pilot mehr als 50 Reservisten, die in einem Saal einer Militärbasis in Middle River im Bundesstaat Maryland sitzen.
"Erinnert euch daran, warum die NATO gegründet wurde: um sowjetische, russische Aggression heute abzuschrecken - und in Europa ist Krieg", gibt Hunt ihnen in seiner letzten Ansprache vor dem Abflug mit. "Diese Übung ist also eine riesige Sache."
Monatelange Vorbereitungen
Monatelang hat Hunt seine Einheit auf die Übung mit 24 weiteren Staaten vorbereitet. Die Bundeswehr erwartet dafür vom 12. bis 23. Juni rund 10.000 Soldatinnen und Soldaten in Europa. Mehr als 220 Flugzeuge sollen nach Angaben der deutschen Luftwaffe Stärke, Solidarität und Verbundenheit demonstrieren. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine schauen auch die US-Amerikaner genau auf die Übung.
Loh: "Jeden Zentimeter der NATO verteidigen"
"Wir werden jeden Zentimeter der NATO verteidigen. Das hat unser Präsident sehr klar gesagt", betont der Direktor der "Air National Guard", Michael Loh, vor dem Kapitol in Washington, DC, wo das Parlament der US-Amerikaner sitzt. "Die transatlantische und die NATO-Partnerschaft sind absolut entscheidend."
Gemeinsam mit dem Inspekteur der Luftwaffe, Ingo Gerhartz, hat der US-Amerikaner am vergangenen Donnerstag in Washington den Nationalen Sicherheitsrat über die Übung informiert - genauso wie Senatsabgeordnete des Kongresses.
Nach monatelangen Vorbereitungen: US-Soldaten und Soldatinnen gehen an Bord.
Deutsche Luftwaffe: Eskalation mit Russland verhindern
"Eskalation ist natürlich das letzte, was wir wollen", meint der Inspekteur der deutschen Luftwaffe, Ingo Gerhartz. "Aber auf der anderen Seite ist natürlich wichtig zu zeigen, hier ist die rote Linie." Russland Grenzen setzen wollen auch die Soldatinnen und Soldaten, die vom "Martin State Airport" in Maryland für die "Air Defender 23"-Operation abheben.
"Es zeigt, dass wir zusammenarbeiten, dass wir Verbündete sind und bereit sind, uns gegenseitig zu verteidigen und dass nichts die Vereinigten Staaten und die anderen NATO-Partner auseinanderbringen wird", erklärt Feldwebel Hunter Wagner.
An der NATO-Luftstreitkräfteübung "Air Defender 23" nehmen 25 Staaten (grün; USA und Japan nicht im Bild) teil. Das Manöver findet vor allem in drei Lufträumen (schraffiert) statt. Außerdem gibt es Flüge zur NATO-Ostgrenze.
Ukraine-Krieg ist Teil der Einsatzbesprechungen
Trennen müssen sich die Reservisten vor der Reise nach Europa von Familien und Freunden. Am Flughafen umarmt ein Vater noch seinen Sohn, der auf der Ladefläche eines Autos sitzt. Dann steigt der US-Amerikaner mit seiner Truppe in das Militärtransportflugzeug C-17. "Es gibt ein erhebliches Risiko. Während unserer Übung tobt in Europa ein realer Krieg", sagt Oberst Hunt.
"Das ist uns sehr bewusst und wird definitiv Teil unserer Einsatzbesprechungen sein. Darauf werden wir uns auch voll während dieser Übung konzentrieren." So gefährlich wie seine Einsätze an der Grenze zu Pakistan dürfte die "Air Defender 23"-Übung aber nicht werden.