Brasilien Sechs neue Schutzgebiete für Indigene
Brasilien hat nach mehr als vier Jahren erstmals wieder Indigenen-Schutzgebiete ausgewiesen. Präsident Lula unterzeichnete Dekrete für sechs neue Reservate. Die Gebiete und deren Ressourcen sind nun den Ureinwohnern vorbehalten.
Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hat Dekrete zur Einrichtung indigener Schutzgebiete in dem Land unterzeichnet - die ersten seit 2018. "Heute habe ich die Freude, die offizielle Genehmigung von sechs indigenen Territorien zu unterzeichnen", schrieb Lula zum Abschluss eines indigenen Protestcamps in der Hauptstadt Brasília auf Twitter.
Lula will "so viele indigene Reservate wie möglich"
Das Dekret garantiert den Ureinwohnern die ausschließliche Nutzung der natürlichen Ressourcen auf diesen Gebieten. Das Land darf nicht verkauft werden, auch Bergbau ist untersagt.
"Wenn es heißt, dass Sie 14 Prozent der Landesfläche beanspruchen und dass das viel ist, müssen Sie bedenken, dass Sie vor der Ankunft der Portugiesen 100 Prozent beansprucht haben", sagte der Präsident.
Lula erinnerte an das Versprechen seiner Regierung, die Abholzung der brasilianischen Wälder bis 2030 auf null zu drücken. Um dieses Ziel zu erreichen, "brauchen wir anerkannte indigene Gebiete", sagte er. "Es ist ein zeitaufwändiger Prozess, aber wir werden sicherstellen, dass so viele indigene Reservate wie möglich ausgewiesen werden." Indigene seien "die Wächter des Waldes".
13,8 Prozent des Staatsterritoriums geschützt
Zwei der sechs neuen Reservate befinden sich im Amazonas-Gebiet, zwei andere im Nordosten des Landes sowie in den Bundesstaaten Goiás und Rio Grande do Sul. Zusammengerechnet sind die Gebiete mehr als 6000 Quadratkilometer groß.
Damit verfügt Brasilien nun über 732 Indigenen-Reservate, die 13,8 Prozent des Staatsterritoriums ausmachen. Die Kennzeichnung weiterer indigener Gebiete ist bereits in Planung: Wie Indigenenministerin Sonia Guajajara vergangenen Monat bekanntgab, sind 14 Reservate mit einer Gesamtfläche von fast 900.000 Hektar zur offiziellen Ausweisung bereit. "Wir werden zum Wohle der gesamten Menschheit eine neue Geschichte unseres Planeten schreiben", sagte die Ministerin nach der Unterzeichnung.
Bolsonaro wollte zurück zum Stand von 1988
Der von 2019 bis 2022 als Präsident regierende Rechtspopulist Jair Bolsonaro hatte sich geweigert, den Indigenen neues Land zuzuweisen. Er wollte in der Amazonas-Region die wirtschaftliche Nutzung vorantreiben. Kurz vor Beginn seiner Amtszeit hatte Bolsonaro angekündigt, "keinen Zentimeter mehr" an Indigene abgeben zu wollen.
Unter seiner Präsidentschaft nahm die illegale Abholzung des Regenwaldes zu und erreichte 2021 einen Rekordwert. Gleichzeitig drangen immer mehr Goldschürfer in indigene Schutzgebiete ein, schlugen Schneisen in den Regenwald und verseuchten die Flüsse.
Zu der "anti-indigenen Agenda" der Regierung Bolsonaros gehörte auch der "Marco Temporal", eine umstrittene juristische These, die etwa Großgrundbesitzer so auslegen, dass indigene Völker nur dort Land beanspruchen können, wo sie bereits vor der Verfassung von 1988 lebten.
Oberstes Gericht wird bald entscheiden
Lula hatte bei seinem Amtsantritt im Dezember eine Abkehr von der Politik Bolsonaros versprochen und erklärt, sich energisch für den Schutz der Indigenen und des Amazonaswaldes einzusetzen. Er sprach sich auch gegen den "Marco Temporal" aus. Das Oberste Gericht analysiert seit Jahren, ob die These angewendet werden darf. Im Juni will es eine Entscheidung fällen.
Lulas Unterschrift erfolgte auf dem traditionellen Indigenentreffen "Terra Livre", an dem rund 6000 Indigene in der Hauptstadt Brasilia teilnahmen. In Brasilien leben insgesamt rund 900.000 Indigene in rund 300 Stämmen.