Überschwemmungen in Brasilien Zahl der Toten steigt auf 78
Der Süden Brasiliens erlebt die schwersten Überschwemmungen seit Jahrzehnten. Hunderttausende Menschen sind ohne Strom, Tausende Gebäude zerstört. Mindestens 78 Menschen starben - und es werden noch viele weitere vermisst.
Bei den schweren Überschwemmungen im Süden Brasiliens ist die Zahl der Toten weiter gestiegen. Mindestens 78 Menschen kamen nach Angaben der brasilianischen Zivilschutzbehörde bislang in den Fluten ums Leben. Und die Zahl könnte weiter steigen, denn mindestens 105 Menschen gelten noch als vermisst.
Im Bundesstaat Rio Grande do Sul mussten mehr als 115.000 Menschen ihre Häuser und Wohnungen verlassen. In mehreren Kommunen wurde der Notstand ausgerufen. Rettungskräfte kämpften gegen die Zeit, um weitere Menschen vor Überschwemmungen und Schlammlawinen zu retten.
Fast 80 Menschen starben bereits durch die Überschwemmungen. Noch immer werden Dutzende vermisst.
Kein Trinkwasser, kein Strom
Auch die Infrastruktur wurde schwer getroffen: Rund 420.000 Häuser seien derzeit ohne Strom, berichten die Versorgungsbetriebe. Zudem haben mehr als eine Million Menschen keinen Zugang zu Trinkwasser. Das macht die Wasserversorgung in vielen Vierteln unmöglich. Solange vier der sechs städtischen Trinkwasser-Pumpstationen unter Wasser stünden, sei die Versorgung nicht wiederherzustellen, so Porto Alegres Bürgermeister Sebastião Melo.
Derzeit werden betroffene Stadtteile durch Tankwagen beliefert. Allerdings herrscht bereits ein Mangel an Treibstoff. Da der Flughafen überdies seit Tagen geschlossen ist, verschlechtert sich die Lage zusehends. Auch zahlreiche Krankenhäuser müssen ihre Arbeit reduzieren oder einstellen.
Staudämme könnten brechen
Ebenfalls kritisch ist die Situation an mehreren Staudämmen in der Region. Zwei Dämme seien beschädigt worden, mit Dammbrüchen müsse dort in jedem Moment gerechnet werden. Für fünf weitere Staudämme wurde der Alarmzustand ausgerufen.
Besonders schwer getroffen hat es den Großraum um die Regionalhauptstadt Porto Alegre. Weite Teile sind völlig überflutet, Straßen überschwemmt und die Dächer einiger Häuser kaum noch zu erkennen. Der durch die Stadt fließende Guaiba erreichte nach Angaben der örtlichen Behörden einen neuen Höchststand von über fünf Metern - weit über dem bisherigen Rekordwert von 4,7 Metern aus dem Jahr 1941.
Weite Teile der Stadt Porto Alegre stehen unter Wasser.
Schwere wirtschaftliche Schäden
Der Gouverneur der Region, Eduardo Leite, sprach von einem Kriegsszenario. Für den Wiederaufbau sei eine Art "Marshallplan" nach dem Vorbild Europas nach dem Zweiten Weltkrieg nötig. Dringend bräuchten die Betroffenen Zugang zu Krediten und Hilfsgeldern für den Wiederaufbau. Rio Grande do Sul ist einer der wichtigsten Agrarstaaten Brasiliens. Ein Großteil der Ernten dürfte vernichtet worden sein. Auch viele Tiere könnten in den Fluten gestorben sein.
Präsident Luiz Inacio Lula da Silva, der am Sonntag zu seinem zweiten Besuch innerhalb einer Woche in den Flutgebieten war, versprach rasche Hilfen der Zentralregierung für die Opfer. Es werde keine bürokratischen Hürden für den Wiederaufbau geben. Lula bezeichnete die Überschwemmungen als die "größten in der Geschichte Brasiliens".
Papst betet für Opfer
Angesichts der katastrophalen Lage sprach Papst Franziskus den Betroffenen Mut zu. "Ich bete für die Bevölkerung des Gliedstaates Rio Grande do Sul in Brasilien, der von einer großen Überschwemmung betroffen ist. Möge der Herr diejenigen empfangen, die gegangen sind, und ihre Familien und diejenigen trösten, die ihre Häuser verlassen mussten", sagte der Papst beim Sonntagsgebet im Vatikan.