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UN-Menschenrechtsbüro Mindestens 70 Tote bei Bandenangriff in Haiti

Stand: 05.10.2024 11:20 Uhr

Die haitianische Regierung spricht von "unbeschreiblicher Brutalität": Mit Schnellfeuergewehren hat eine Bande eine Ortschaft im Zentrum des Karibikstaates angegriffen und mindestens 70 Menschen getötet.

Bei einem Bandenüberfall auf eine kleine Ortschaft in Haiti sind nach UN-Angaben mindestens 70 Menschen getötet worden, darunter etwa zehn Frauen und drei Kinder.

Mitglieder der Bande Gran Grif hätten die Ortschaft Pont-Sondé im Zentrum des Landes in der Nacht zum Donnerstag mit Schnellfeuergewehren angegriffen und auf die Bevölkerung gefeuert, teilte das UN-Menschenrechtsbüro in Genf mit.

Karte: Haiti mit der Hauptstadt Port-au-Prince und Pont-Sondé

Der Angriff im Zentrum des Karibikstaates sei "entsetzlich". Mindestens 16 Menschen seien verletzt worden, erklärte das Menschenrechtsbüro weiter. Darunter seien zwei Bandenmitglieder, die bei einem Schusswechsel mit der Polizei von Kugeln getroffen worden seien. Die Bande habe zudem mindestens 45 Häuser und 34 Autos angezündet.

Es habe sich um eine brutale Attacke auf wehrlose Personen gehandelt, erklärte der Ministerpräsident von Haiti, Garry Conille, auf X. Der erneute Gewaltakt gegen unschuldige Zivilisten sei inakzeptabel und erfordere eine dringende, rigorose und koordinierte Reaktion des Staates, hieß es in der Mitteilung. Der Einsatz von Sicherheitskräften in der Region nördlich der Hauptstadt Port-au-Prince werde verstärkt.

Kenias Präsident kündigt Aufstockung von Eingreiftruppe an

Das UN-Menschenrechtsbüro forderte erneut mehr Geld und logistische Unterstützung für die multinationale Eingreiftruppe zur Bekämpfung der Bandengewalt (MMAS) in Haiti, die von Kenia geleitet wird und vor allem aus kenianischen Polizisten besteht. Sie soll die angesichts der grassierenden Bandengewalt überforderten haitianischen Sicherheitskräfte unterstützen.

Der kenianische Präsident William Ruto hatte vor einer Woche in der UN-Generaldebatte angekündigt, sein Land werde die Stationierung der 2.500 Mann starken Mission bis Januar abschließen. Bisher befindet sich lediglich ein Vorauskontingent aus 430 Mitgliedern in Haiti. 

USA kündigen Sanktionen an

Ende September hatten die USA wegen schwerer Menschenrechtsverstöße die Verabschiedung von Sanktionen gegen den Anführer von Gran Grif, Luckson Elan, angekündigt. Die Strafmaßnahmen sollen auch für den ehemaligen Parlamentsabgeordneten Prophane Victor gelten, dem unter anderem vorgeworfen wird, die Banden mit Waffen auszustatten.

Um die Lage in Haiti zu beruhigen, hatten die USA und mehrere Karibikstaaten im März einen Plan vermittelt, der zur Einsetzung eines Übergangsrats und des Interims-Ministerpräsidenten Garry Conille führte - bis Neuwahlen in dem Land stattfinden. 

Mehr als 3.600 Tote im Jahr 2024

Insgesamt wurden UN-Angaben zufolge in diesem Jahr in dem Karibikstaat bereits mehr als 3.600 Menschen im Zusammenhang mit der Bandengewalt getötet. 860 Menschen wurden demnach bei Polizeieinsätzen in der Hauptstadt Port-au-Prince getötet und 393 weitere verletzt, darunter mindestens 36 Kinder.

Mindestens 893 Menschen seien zudem von den Banden entführt worden, um Lösegeld zu erpressen, heißt es in einem UN-Bericht. Darunter seien auch 25 Kinder. Die Gangs rekrutieren demnach zudem immer wieder Kinder als Mitglieder.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR aktuell am 05. Oktober 2024 um 11:38 Uhr.