Der Stern mit dem Namen «Earendel» (Pfeil im Vergrösserungsausschnitt) liegt hinter einem Galaxienhaufen, der als Gravitationslinse dient.

Weltraumteleskop Hubble Stern in Rekordentfernung entdeckt

Stand: 31.03.2022 16:08 Uhr

Das Weltraumteleskop "Hubble" hat in den Weiten des Universums eine spektakuläre Entdeckung gemacht: In der Rekorddistanz von 12,9 Milliarden Lichtjahren erspähte es den mit Abstand entferntesten Stern.

Das Hubble-Weltraumteleskop hat Licht von einem Stern entdeckt, der rund 900 Millionen Jahre nach dem Urknall in einer weit entfernten Galaxie existiert hat. Wie Astronomen mitteilten, ist er mit einer Entfernung von 12,9 Milliarden Lichtjahren der am weitesten entfernte Stern, der je von einem Teleskop ausgemacht wurde.

"Wir haben es zuerst fast nicht geglaubt", sagte der Astronom Brian Welch von der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore, der die Entdeckung als Hauptautor eines Artikels im Fachmagazin "Nature" beschreibt. Der vermutlich längst erloschene Stern sei "so viel weiter weg" als der "zuvor am weitesten entfernte".

Taufe auf "Earendel"

Die Astronomen tauften den neu entdeckten Stern "Eearandel", das altenglische Wort für "Morgenstern". Sie wollen ihn nun auch mit dem "James-Webb-Teleskop", dem Nachfolger von "Hubble", beobachten, um sein Alter und seine Masse genau zu bestimmen. Der neue Rekord-Stern besaß vermutlich mehr als die 50-fache Masse unserer Sonne und explodierte nach nur wenigen Millionen Jahren als Supernova. Er existiert also längst nicht mehr. Sein Licht brauchte aber aus den Fernen des Weltalls so lange, um bis zu uns zu gelangen. Der bisherige Rekordhalter "Icarus" bildete sich vor rund 9,4 Milliarden Jahren.

Weltraumteleskop Hubble (Archivbild: 20.05.2009)

Das Weltraumteleskop "Hubble" hat mit "Earendel" eine spektakuläre Entdeckung gemacht.

Entdeckung dank Gravitationslinseneffekt

Dass so weit entfernte Objekte aus der frühen Entwicklung des Kosmos überhaupt zu sehen sind, ist dem Gravitationslinseneffekt zu verdanken, durch den Astronomen näher liegende Galaxien quasi als Vergrößerungsglas für kleinere und weniger helle Objekte im Hintergrund nutzen.

Aufspüren konnten die Forscher "Earendel“ folgendermaßen: Zwischen der Erde und dem fernen Stern liegt ein gewaltiger Galaxienhaufen, der als Gravitationslinse das Licht des Sterns um mehr als das Tausendfache verstärkt. Welch und seine Kollegen vergleichen die Wirkung des Galaxienhaufens mit der Wasseroberfläche eines Swimming Pools: Die Wellen brechen das einfallende Sonnenlicht und erzeugen ein Muster heller Linien auf dem Grund des Pools. Die Wissenschaftler nennen solche Linien Kaustiken.

Die gezielte Suche hatte Erfolg

Welch und seine Kollegen haben deshalb gezielt die Kaustiken solcher als Gravitationslinsen wirkenden Galaxienhaufen nach auffälligen Objekten abgesucht - mit Erfolg. "Earendel“ zeigt sich trotz der hohen Vergrößerung durch die Gravitationslinse als punktförmiges Objekt in einer 12,9 Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxie.  Damit sehen die Astronomen den Stern so, wie er 900 Millionen Jahre nach dem Urknall ausgesehen hat. Heute ist "Earendel" lange verschwunden, denn je größer die Masse eines Sterns ist, desto heißer und heller brennt er und verbraucht seinen Energievorrat deshalb auch erheblich schneller.

Während ein Stern wie unsere Sonne etwa zehn Milliarden Jahre existiert, dürfte "Earendel" bereits nach maximal 600 Millionen Jahren als Supernova explodiert und dann verlöscht sein.

"Hubble" entdeckte schon Galaxien die 300 oder 400 Millionen Jahre nach dem Urknall leuchteten und damit noch älter und weiter entfernt sind als "Earendel", aber einzelne Sterne in dieser Entfernung waren nicht auszumachen.

Mit dem "James Webb Space Telescope" noch weiter schauen

Genauere Aussagen über den fernen Stern können Welch und seine Kollegen bislang allerdings nicht machen - dazu benötigen die Forscher das neue "James Webb Space Telescope". Es soll im Sommer voll in Betrieb gehen soll und die Frühzeit des Universums erforschen. Es blickt weiter in den Weltraum als "Hubble" und damit auch weiter zurück in die Vergangenheit. Astronomen versprechen sich davon Rückschlüsse auf die Bildung der ersten Sterne und Galaxien.

Arthur Landwehr, Arthur Landwehr, ARD Washington, 31.03.2022 18:29 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 27. Januar 2022 um 02:57 Uhr.