Nach US-Zwischenwahlen Kritik an Trump wächst
Nach den US-Zwischenwahlen machen parteiinterne Kritiker und konservative Medien Ex-Präsident Trump für das enttäuschende Abschneiden der Republikaner verantwortlich. Einige bezeichnen ihn als "Belastung" und sagen: "Genug ist genug".
Auch wenn nach den US-Zwischenwahlen die Mehrheitsverhältnisse im Kongress weiter unklar sind, wächst bei den Republikanern die parteiinterne Kritik am früheren US-Präsidenten Donald Trump. Neben Politikern gingen auch eine Reihe konservativer Medien auf Distanz zum früheren Staatsoberhaupt. Einige verwiesen darauf, dass die Partei bei sämtlichen Wahlen seit dem Amtsantritt Trumps als Präsident im Jahr 2016 enttäuschende Ergebnisse eingefahren habe.
Das konservative "Wall Street Journal" bezeichnete Trump in seinem Leitartikel als den "größten Verlierer der Republikanischen Partei". Trump sei bei den Wahlen 2018, 2020, 2021 und 2022 "gefloppt". Bei den Midterms in dieser Woche hätten von Trump unterstützte republikanische Kandidaten in Bundesstaaten verloren, die "klar" hätten gewonnen werden können.
Die Debatte bei den Republikanern nimmt auch deshalb Fahrt auf, weil erwartet wird, dass Trump in der kommenden Woche seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl 2024 verkünden wird. Pat Toomey, republikanischer Senator für Pennsylvania, kritisierte Trumps Einfluss auf die Auswahl von Kandidaten für die aktuellen Zwischenwahlen. Der frühere Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, nannte Trump eine "Belastung", die die Chancen der Partei bei den Präsidentschaftswahlen 2024 verschlechtere. "Wir wollen das Weiße Haus gewinnen und wir wissen, dass wir mit Trump viel wahrscheinlicher verlieren werden", sagte er.
"Genug ist genug"
Die Vizegouverneurin von Virginia, Winsome Earle-Sears, einst eine lautstarke Unterstützerin Trumps, sagte, die Wähler hätten am Dienstag "eine sehr deutliche Botschaft" ausgesandt: "Genug ist genug." Sie erklärte: "Die Wähler haben gesprochen und sie haben gesagt, dass sie einen anderen Anführer wollen. Und ein echter Anführer versteht, wenn er zur Belastung geworden ist." Eine weitere Kampagne Trumps könne sie nicht unterstützen. John Thune, republikanischer Senator für South Dakota, betonte Trumps Rolle bei der Begünstigung unerfahrener und umstrittener Kandidaten, die bei den Zwischenwahlen schlecht abschnitten. Es gebe keinen Ersatz für Kandidaten mit "guter Qualität", sagte er in einem Interview. "Du kannst keine Partei haben, die um die Persönlichkeit einer Person herum gebaut ist."
Auch der zum Murdoch-Imperium gehörende Nachrichtensender Fox News - lange Zeit Trumps Lieblingssender - fand harsche Worte für den 76-Jährigen und lobte zugleich Trumps innerparteilichen Rivalen Ron DeSantis, der bei der Gouverneurswahl in Florida mit großem Vorsprung wiedergewählt wurde. "Der größte Gewinner der Midterms war ohne Zweifel Gouverneur DeSantis, dessen Erdrutschsieg im Bundesstaat Florida atemberaubend war", schrieb Fox-News-Kolumnistin Liz Peek. "Der größte Verlierer? Donald Trump." Die Murdoch-Medien sind in den USA äußerst einflussreich und hatten lange Zeit sehr wohlwollend über Trump berichtet. Während seiner Zeit im Weißen Haus etwa gab Trump Fox News regelmäßig lange Interviews, in denen er kaum kritische Fragen befürchten musste. Im konservativen Lager wenden sich nach den Halbzeitwahlen aber viele von Trump ab und setzten auf DeSantis.
Mehrheitsverhältnisse weiter unklar
Die Hoffnungen der Republikaner auf einen deutlichen Wahlsieg bei den Midterms hatten sich nicht erfüllt. Auch mehrere Tage nach den Kongresswahlen ist offen, wer künftig im Senat und im Repräsentantenhaus die Mehrheit stellen wird. Im Senat sind weiter drei Sitze offen: In Arizona und Nevada laufen die Auszählungen noch, in Georgia steht bereits fest, dass es im Dezember zu einer Stichwahl kommen wird. Auch im Repräsentantenhaus haben weder Republikaner noch Demokraten bislang die erforderliche Mehrheit der Sitze sicher. Die Republikaner verfügen zwar nach aktuellem Auszählungsstand über einen Vorsprung von knapp 20 Sitzen. Bis zur Mehrheit von 218 Sitzen fehlen ihnen aber noch sieben Mandate. Bei 32 Sitzen ist die Entscheidung noch nicht gefallen.
Zuletzt galt die Aufmerksamkeit vor allem der Auszählung in Arizona und Nevada wegen der dort offenen Senatssitze. In Arizona sind bislang etwa 82 Prozent der Stimmen ausgezählt. Dabei liegt der demokratische Amtsinhaber Mark Kelly mit einem Vorsprung von mehr als fünf Prozentpunkten vor seinem republikanischen Herausforderer Blake Masters. Weil aber Hunderttausende Stimmen noch nicht ausgezählt wurden, ist ein Sieg Kellys noch nicht sicher. In Nevada sind bislang etwa 90 Prozent der Stimmen ausgezählt. Dort liegt der Republikaner Adam Laxalt derzeit nur wenige Tausend Stimmen vor der Demokratin Catherine Cortez Masto.
Dass sich die Auszählung in einer Reihe von Bundesstaaten tagelang hinzieht, hat mehrere Gründe. Einerseits fanden bei den Midterms zahlreiche Wahlen statt - neben den Entscheidungen über Senat und Repräsentantenhaus standen in vielen Bundesstaaten auch Wahlen der Gouverneure, Generalstaatsanwälte, Wahlleiter und Parlamente an. Hinzu kamen Wahlen auf regionaler und kommunaler Ebene sowie Referenden. Diese Vielzahl an Wahlen auszuzählen, kostet Zeit.
Auch bedingt durch die Corona-Pandemie gibt es inzwischen auch deutlich mehr Briefwähler. Das Auszählen von Briefwahlstimmen dauert häufig länger als das Auszählen von Stimmzetteln, die im Wahllokal abgegeben wurden, etwa wegen des Überprüfens der Unterschrift. Einige Bundesstaaten lassen zudem auch Briefwahlstimmen zu, die nach dem Wahltag per Post eingehen - soweit sie den Poststempel des Wahltags tragen. So hat Kalifornien, wo derzeit noch eine Reihe von Sitzen im Repräsentantenhaus offen sind, in diesem Jahr als Frist den 15. November gesetzt. In Nevada, wo einer der noch offenen Senatssitze vergeben wird, läuft die Frist bis zum 12. November.