"Moms for Liberty" Neue extreme Stimme im US-Kulturkampf
Die "Mütter für die Freiheit" haben sich zur wichtigen Kraft bei den US-Republikanern entwickelt. Sie wollen die, wie sie meinen, Indoktrinierung durch Liberale verhindern. Kritiker sehen sie als rechtsextremistische Hassgruppe.
Catalina Stubbe hat kein Verständnis für das, was sie da in der Hand hält: ein bebildertes Kinderbuch - die Geschichte zweier männlicher Pinguine, die ein Küken großziehen. Eine wahre Geschichte.
Stubbe, Mutter von vier Kindern, bezweifelt das zwar nicht, "aber das ist was Besonderes und es ist nicht normal!", sagt sie. Warum soll jemand lernen, dass das normal ist? Normal sei, dass ein Mann und eine Frau Kinder großziehen: "Lass dich nicht verwirren!"
120.000 Mitglieder
Die gepflegte Mitvierzigerin bezeichnet sich als gläubig, patriotisch, sie liebe ihre Familie und sie gehört zum Führungsteam von "Moms for Liberty", der "Mütter für die Freiheit", einer neuen, extremen Stimme im Kulturkampf der Konservativen.
"Wir kämpfen für unsere Rechte als Eltern", sagt Stubbe, "wir wollen Transparenz in der Bildung wiederherstellen, und wir wollen die Indoktrinierung beenden".
Drei Mütter in Florida machten den Anfang, als sie sich in der Pandemie gegen Maskenzwang durch die Regierung wehrten. Inzwischen haben sie nach eigenen Angaben rund 120.000 Mitglieder in 45 Staaten und mischen dort sehr erfolgreich die lokale Schulpolitik auf.
Konservative Politiker feiern Moms for Liberty für ihre radikale Position im US-Kulturkampf.
Von republikanischen Politikern gefeiert
Ein großes Thema: die, wie sie es nennen, Sexualisierung von Kindern zu verhindern. Aufklärungsbücher, vor allem solche, die sich mit sexueller Orientierung beschäftigen, sind auf ihr Betreiben hin hundertfach aus Schulbüchereien entfernt oder für jüngere Kinder gesperrt worden.
Dafür werden sie von konservativen Politikern wie Ron DeSantis, dem Gouverneur von Florida, gefeiert. Auch DeSantis meint, die Kinder in seinem Bundesstaat vor linken, "woken" Ideologien schützen zu müssen. Die Vorstellung, dass man einem Zweitklässler beibringen könne, dass das Geschlecht eine Frage der Entscheidung sei oder dass sie im falschen Körper geboren worden seien, sei falsch, sagt DeSantis.
Eigene Kandidaten für Schulräte
Auch beim Themenfeld Rassismus und Sklaverei wollen die Aktivistinnen mitbestimmen. Kinder, das ist ihre Botschaft, sollen nicht lernen, dass sie Unterdrücker seien, nur weil sie weiß sind. Um Einfluss auf die Lehrpläne zu erreichen, stellen die "Moms" eigene Kandidaten für die direkt gewählten örtlichen Schulräte auf.
Ihre Bilanz: "Wir haben 500 Wahlen für Schulräte unterstützt. Wir haben 275 davon gewonnen", sagte Tina Descovich, eine der Gründerinnen, im Sender NBC. So mache man Politik!
"Gehören ins rechtsextremistische Lager"
Die "Moms for Liberty" treten dabei mitunter brachial auf. Sie stören Sitzungen von Schulräten, setzen Belohnungen für Hinweise auf vermeintlich linke Lehrer aus und bezeichnen Kritiker als Pädophilie-Sympathisanten. Damit gehören sie ins rechtsextremistische Anti-Regierungslager, meint die Bürgerrechtsorganisation Southern Poverty Law Center.
In der konservativen Welt dagegen sind sie inzwischen zu einem wichtigen Player geworden. Ende Juni bei der Jahrestagung der Bewegung in Philadelphia lobte Ex-Präsident Donald Trump sie dafür, dass sie der "radikalen Linken, Marxisten und Kommunisten" eine Lehre erteilt hätten, die sie nie vergessen werden: "Legt euch nicht mit Amerikas Müttern an!"
Trump, Ron DeSantis und viele andere republikanische Präsidentschaftsbewerber wechselten sich bei der Jahrestagung am Podium ab - ein Zeichen dafür, dass die "Moms for Liberty" im nächsten Wahlkampf eine große Rolle spielen werden.