Anschlag auf Nord-Stream-Pipeline USA sollen ukrainische Pläne gekannt haben
Die USA hatten laut einem Bericht der "Washington Post" bereits drei Monate vor den Explosionen an den Nord-Stream-Pipelines Informationen über ukrainische Pläne für einen Angriff. Diese decken sich offenbar in Teilen mit bisherigen Ermittlungen.
Den USA lagen einem Medienbericht zufolge drei Monate vor dem Anschlag auf die Nord-Stream-Pipelines detaillierte ukrainische Pläne für einen Angriff auf die Erdgasleitungen vor. Die "Washington Post" berichtet, Einzelheiten für einen Angriff auf die Nord-Stream-Pipelines seien durch einen europäischen Geheimdienst zusammengetragen worden.
Im Juni vergangenen Jahres habe der US-Geheimdienst Informationen darüber erhalten, dass ein sechsköpfiges Team ukrainischer Spezialeinheiten beabsichtige, die Pipeline bei einem Taucheinsatz in die Luft zu jagen.
Pentagon-Sprecher will sich nicht äußern
Die "Washington Post" beruft sich auf durchgestochene Informationen auf der Chat-Plattform Discord, die angeblich von Jack Teixeira stammen. Das ist der Mann, der im April in den USA verhaftet und wegen der Weitergabe sensibler US-Dokumente angeklagt wurde. Der ursprüngliche Bericht stammt laut der "Washington Post" von einer Person in der Ukraine.
Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates im Weißen Haus, John Kirby, sagte auf den Bericht der Zeitung angesprochen, er werde sich nicht zu laufenden Ermittlungen äußern. Stellungnahmen der Ukraine und Russlands liegen bisher nicht vor.
Detaillierter Plan
Wie die "Washington Post" schreibt, sollen die USA die Informationen aus dem Juni 2022 mit Deutschland und anderen Europäern geteilt haben. Der Plan soll demnach sehr detailliert gewesen sein. So sollten demnach sechs Beteiligte mit einem unter falscher Identität gemieteten Boot zu den Pipelines fahren und dann zu den Leitungen tauchen, um Sprengsätze anzubringen. Das Vorhaben sei aber aus unbekannten Gründen auf Eis gelegt worden.
Allerdings stimmten Elemente daraus mit den bisherigen Ermittlungsergebnissen überein, schreibt die "Washington Post" weiter.
Im März hatten ARD-Hauptstadtstudio, SWR, Kontraste und "Die Zeit" erstmals über die Segeljacht "Andromeda" und eine mutmaßliche Verbindung in die Ukraine berichtet: Fünf Männer und eine Frau seien Anfang September 2022 mit dem Boot von Rostock aus in See gestochen. Eine Firma aus Polen habe das Boot angemietet. Diese Firma wiederum gehöre Ukrainern, hieß es damals.
Eine weitere Recherche von NDR, WDR, "Süddeutscher Zeitung" und internationalen Medienpartnern ging zuletzt mehreren neuen Spuren nach, die offenbar in Richtung Ukraine führen - wobei nicht ausgeschlossen wurde, dass Ermittler von anderen absichtlich gelegte Spuren verfolgen, es sich also um eine sogenannte False-Flag-Operation handeln könnte.
BND-Chef Bruno Kahl hatte im Mai Hoffnungen auf eine schnelle Klärung gedämpft und erklärt, es gebe Hinweise "in alle möglichen Richtungen". Recherchen verschiedener Medien gingen auch Spuren in Richtung Russland als möglichen Urheber nach.
Selenskyj soll nicht informiert gewesen sein
Die Beteiligten sollen der "Washington Post" zufolge direkt an den ukrainischen Armeechef Walerij Saluschnyj berichtet haben. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sei bewusst nicht über die Pläne informiert worden, um dann glaubhaft eine ukrainische Verantwortung zurückweisen zu können.
Durch die Pipeline Nord Stream 1 hatte Russland bis zum Lieferstopp Erdgas aus Sibirien nach Deutschland und in weitere europäische Länder gepumpt. Nord Stream 2 wurde wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine nicht in Betrieb genommen. Drei der vier Röhren des Energieprojekts waren im September 2022 durch Explosionen zerstört worden.
Mit Informationen von Nina Barth, ARD-Studio Washington
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version war von den "beiden Doppelröhren in der Ostsee" die Rede, die durch Explosionen im September 2022 zerstört wurden. Es handelt sich allerdings nur um drei von vier Röhren.
Mehr zum Hintergrund dieser und anderer Korrekturen finden Sie hier: tagesschau.de/korrekturen