San Francisco Mit Polizeirobotern gegen Gewalttäter
Die Polizei in San Francisco könnte künftig bewaffnete Roboter einsetzen. Das hat die Stadt in erster Lesung beschlossen, eine weitere Abstimmung gilt als Formalie. Experten streiten: Bedeutet das mehr Sicherheit oder noch mehr Waffeneinsatz?
Acht Stimmen dafür, drei dagegen: Mit diesem Stimmenverhältnis fiel die Entscheidung des "Board of Supervisors" von San Francisco, einer Art Stadtparlament. Die Polizei von San Francisco soll jetzt Roboter mit Waffen aufrüsten dürfen, die Menschen töten können.
Matt Dorsey, einer der elf Supervisor, stimmte dafür: "Gott bewahre, dass es jemals einen Terrorangriff gibt und wir uns Dinge vorenthalten, die die öffentliche Sicherheit schützen könnten", begründete er seine Entscheidung.
Anders seine Kollegin Hillary Ronen. Sie befürchtet: "Das öffnet eine Büchse der Pandora. Das könnte unsere Gesellschaft bedeutend verändern und ist moralisch und praktisch der falsche Weg."
Bislang sind es vor allem Kameras auf zwei Rädern
Roboter benutzt die Polizei in San Francisco seit Jahren. 17 Stück hat sie, fünf davon sind gerade kaputt. Sie sehen ein bisschen aus wie Mini-Panzer. Die meisten seien kleine ferngesteuerte Kameras auf Rädern, sagt Supervisor Aaron Peskin.
Sie kommen etwa bei der Entschärfung von Bomben zum Einsatz. Oder bei Geiselnahmen, um einen besseren Überblick zu gewinnen, erklärt Peskin. Bei einer jetzt möglichen Bewaffnung der Roboter geht es nicht um Schusswaffen. Wenn, dann sollen sie mit Sprengstoff beladen werden.
Aber, so Peskin: Es könnten außergewöhnliche Umstände eintreten, unter denen Polizisten "in einem praktisch unvorstellbaren Notfall" tödliche Gewalt anwenden wollten.
Es gibt zu viele Waffen auch in San Francisco und Umgebung - daran können auch Rückgabeaktionen der Polizei nichts ändern. Das macht die Einsätz der Polizisten oft unberechenbar.
Hochrangige Polizisten sollen entscheiden
Die Roboter sind ferngesteuert. Ob und wann tödliche Waffen eingesetzt werden, sollen hochrangige Polizisten entscheiden.
Das San Francisco Police Department teilt dem ARD-Studio Los Angeles schriftlich mit, es gehe um den Schutz von Beamtinnen und Beamten: "Roboter werden häufig eingesetzt, um in einigen der gefährlichsten Situationen, mit denen unsere Beamten konfrontiert werden, Abstand zwischen den Beamten und den Zielpersonen zu schaffen."
Was kann aus der Ferne beurteilt werden?
Die Vorstellung von bewaffneten Robotern sei verstörend, sagt Ryan Calo, Professor für Informationstechnologie an der Universität Washington, dem Sender "NPR".
Der Abstand, der Polizisten schützen soll, sei auch ein Problem. "Es ist sehr schwer, eine Situation per Roboter ausreichend beurteilen zu können - und wann Gewalt angewendet werden kann und wann nicht", meint Calo.
Die Hürde, tödliche Waffen einzusetzen, werde gesenkt, sagt Matthew Guariglia von der Nichtregierungsorganisation EFF. Es sei ein Unterschied, ob man bei einer Waffe den Abzug drücke oder den Knopf auf einer Fernbedienung.
In Dallas erschoss ein Mann 2016 mehrere Polizisten. Der Täter wurde schließlich mit einem Polizeiroboter getötet.
Ein Präzedenzfall in Dallas
Das ist in den USA bisher einmal passiert: 2016 wurde in Dallas ein Mann mit einem Polizeiroboter getötet, der zuvor fünf Beamte erschossen hatte. Die Polizei von San Francisco will auf ähnliche Fälle vorbereitet sein.
Auf die ARD-Anfrage, wer genau verantwortlich sei, wenn ein Mensch durch einen Polizeiroboter getötet wird, gibt es keine Antwort. Auch für Professor Calo ist das nicht ganz klar: "Ist es der Polizist, der den Roboter bedient, die Firma, die ihn herstellt, ist es vielleicht der Roboter selbst?"
Und Supervisor Shamann Walton, der auch gegen die Bewaffnung gestimmt hat, sagt noch: "Wir glauben, dass wir Menschen schützen, wenn wir der Polizei mehr Waffen und Werkzeuge geben." Aber dafür habe er noch keinen Beweis gesehen.