UN-Sicherheitsrat Angriffe auf Zivilisten sollen untersucht werden
Zerstörte Wohnhäuser, Schulen und Krankenhäuser - die Vereinten Nationen fordern, dass die Angriffe auf Zivilisten in der Ukraine untersucht werden. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden.
Seit drei Wochen tobt der Krieg in der Ukraine - und zum neunten Mal trifft sich der UN-Sicherheitsrat. Es sind zunehmend verzweifelte Sitzungen, in denen die westlichen Staaten appellieren und drohen - und doch in einem Dilemma stecken: "Wir wollen weiter die Balance halten: Auf der einen Seite, Russland zur Verantwortung ziehen und dessen Desinformation entlarven. Und auf der anderen Seite die Tür für Gespräche offenhalten, um diesen schrecklichen russischen Krieg zu beenden."
Das sagt die britische UN-Botschafterin Woodward. Ihr Land hat zusammen mit anderen westlichen Staaten dieses erneute Treffen des wichtigsten UN-Gremiums beantragt, das - wie stets - mit einer makaberen Bestandsaufnahme der UN-Beauftragten für politische Angelegenheiten, DiCarlo, beginnt: 726 zivile Todesopfer, darunter 52 Kinder. Die Dunkelziffer ist hoch:
Die Menge an zivilen Opfern und das Ausmaß an Zerstörung der zivilen Infrastruktur in der Ukraine können nicht geleugnet werden. Das verlangt eine gründliche Untersuchung und Rechenschaft. Das internationale Völkerrecht ist kristallklar: Zivilisten müssen geschützt werden. Direkte Attacken auf sie sind verboten.
Und auch Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen, erinnert der Direktor der Weltgesundheitsorganisation WHO, Ghebreyesus. Die WHO habe 43 solcher Attacken gezählt- mit zwölf Toten und vielen Verletzen, sagte er im Sicherheitsrat. Raouf Mazou von der UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR erinnerte an die Menschen, die vor den Kämpfen fliehen mussten: "In diesem kurzen Zeitraum ist die Zahl der Menschen, die von der Ukraine in Nachbarstaaten geflohen sind auf 3,1 Millionen gestiegen. Es handelt sich um die am schnellsten wachsende Flüchtlingskrise in Europa seit dem zweiten Weltkrieg. 90 Prozent sind Frauen und Kinder. Sie sind in großer Gefahr, Opfer von Missbrauch oder Menschenhandel zu werden."
Auch die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Thomas-Greenfield, erinnerte an das Schicksal der Flüchtlinge und forderte Russland auf, mit dem Internationalen Strafgerichtshof zusammenzuarbeiten. Die höchsten UN-Richter hatten gestern einer Klage stattgegeben, die verlangt, dass Russland umgehend die militärische Gewalt beenden müsse: "Russland hat klar gegen internationales Recht verstoßen, indem es die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine verletzt hat. Russland wird für seine Gräueltaten zur Verantwortung gezogen werden."
Der UN-Botschafter Russlands, Nebensja, wies erneut die Vorwürfe als Lügen und Desinformation zurück. Außerdem kündigte er an, nun doch nicht eine russische Resolution zur humanitären Lage in der Ukraine zur Abstimmung stellen zu wollen. Stattdessen soll der Sicherheitsrat erneut wegen angeblicher US-Labore zur Biowaffenproduktion in der Ukraine zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenkommen. Vorwürfe, die weithin als Falschinformation und haltlose Propaganda bezeichnet werden.
Frankreich und Mexiko wollen hingegen ihre humanitäre Resolution in der kommenden Woche in der UN-Vollversammlung aller Mitgliedstaaten zur Abstimmung stellen: "Wir versuchen, eine breite Zustimmung zu bekommen. Ich glaube, das wird gelingen. Es geht um humanitäre Fragen: Zugang für Hilfsorganisationen, die Einstellung der Kämpfe und die Respektierung des Völkerrechts und der Genfer Konventionen", sagt der französische UN-Botschafter Riviere. Doch auch er weiß: Im Gegensatz zum Sicherheitsrat ist eine Resolution der UN-Vollversammlung völkerrechtlich nicht bindend - und daher eher von symbolischem Wert.