Todesstrafe in den USA Kritik an geplanter Hinrichtung durch Stickstoff
In Alabama soll heute ein Mörder hingerichtet werden. Doch nicht durch die Giftspritze, wie sonst üblich, sondern durch das Einatmen von Stickstoff. Das hat es noch nie gegeben - und es ist umstritten.
Kenneth Smith gehört zu den ganz wenigen Amerikanern, die einen Hinrichtungsversuch überlebt haben. Heute soll er zum zweiten Mal die Todeszelle betreten, und er fürchtet sich sehr. Er sei vom ersten Mal noch traumatisiert, erzählte Smith dem Radiosender NPR in einem seiner seltenen Interviews. Jeder sage ihm, dass er leiden werde. Er habe riesige Angst.
Erste Hinrichtung hatte der verurteilte Mörder überlebt
Smith ist ein verurteilter Mörder. Ende der 1980er-Jahre war er am Auftragsmord an einer Pfarrersfrau beteiligt gewesen.
Im Jahr 2022 dann, nach mehr als 30 Jahren Haft, sollte das Todesurteil vollstreckt werden. Doch das Gefängnispersonal schaffte es nicht, einen Zugang für die Giftspritze zu legen. Nach vielen Versuchen und mehreren Stunden wurde die Hinrichtung abgebrochen. Er sei total allein gewesen, in einem Raum voller Leute, von denen niemand versucht habe, ihm zu helfen, sagte Smith.
Nun, beim zweiten Anlauf, soll er durch Stickstoff sterben. Wie genau, das hat der Staat Alabama nicht offengelegt. Nur so viel ist bekannt: Smith soll eine Maske aufs Gesicht gesetzt werden, durch die er reinen Stickstoff einatmet. Er würde dann durch Sauerstoffmangel sterben.
Unerprobtes Verfahren bei Hinrichtungen
"So viel wir wissen, ist diese Methode nirgendwo auf der Welt jemals angewandt worden", sagte Robin Maher vom Informationszentrum für Todesstrafe, DPIC, im Sender News Nation. Es gebe keine Möglichkeit, ihre Wirksamkeit zu testen oder sicherzustellen, dass der Mensch nicht unnötig leidet. Oder überhaupt zu wissen, ob es richtig funktioniert.
Und auch das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen hat Bedenken, dass die Hinrichtung gegen das Verbot von Folter oder anderer unmenschlicher Behandlung verstoßen könnte. Der US-amerikanische Tierärzteverband empfehle, selbst großen Tieren ein Beruhigungsmittel zu verabreichen, wenn sie so eingeschläfert werden.
Alabama dagegen sehe für die Hinrichtung von Menschen durch Stickstofferstickung keine Betäubung vor, sagte UN-Sprecherin Ravina Shamdasani Mitte Januar.
Doch die Befürworter sagen, der Tod durch Stickstoff sei kein qualvoller Erstickungstod. Wenn die Sterbenden giftiges Kohlendioxid ausatmen können, während sie keinen Sauerstoff bekommen, würden die meisten nichts merken, sagt Michael Copeland, ein Juraprofessor.
Er hat für den Staat Oklahoma ein Gutachten zu Hinrichtungen mit Stickstoff mitverfasst. Oklahoma hat neben Alabama und Mississippi das ungetestete, umstrittene Verfahren zugelassen.
Lieferengpässe beim Gift
Üblicherweise wird in den USA durch die Giftspritze hingerichtet. Doch weil Pharmaunternehmen sich weigern, die nötigen Medikamente zu liefern, gibt es Engpässe. Außerdem kommt es immer wieder vor, dass - wie bei Kenneth Smith - Exekutionen grausam schiefgehen.
Smith hatte noch auf den Obersten Gerichtshof der USA gehofft. Doch der Supreme Court lehnte die Bitte um Aufschub ab.
Die Familie der ermordeten Pfarrersfrau dagegen hofft, dass nun der Gerechtigkeit Genüge getan wird. Seine Familie werde dann mit ihrem Leben weitermachen können, sagte Michael Sennett, einer ihrer Söhne, im Sender NBC. Aber eine andere Familie werde jemanden verlieren. Also sei das irgendwie bitter-süß.