Prozess Depp gegen Heard Und am Ende verlieren sie beide
Gerichtsverfahren oder Soap Opera? Im Verleumdungsprozess zwischen Amber Heard und ihrem Ex-Mann Johnny Depp war das oft unklar. Dabei ging es eigentlich um psychische und physische Gewalt in Beziehungen.
Es war der passende Abschluss eines Prozesses, den viele Beobachter wegen seiner medialen Ausschlachtung und seiner Inhalte als zumindest fragwürdig kommentierten.
Als die Jury im Fall Johnny Depp gegen Amber Heard im Gerichtssaal von Fairfax County der Richterin das Urteil übergab, ließ die erstmal die Anwaltteams der beiden Ex-Eheleute zum Richtertisch treten.
Dann wurde schnell klar: Die Geschworenen hatten zwar offenbar ein Urteil gefällt, aber sie hatten keine Schadenersatzsummen auf das entsprechende Formular geschrieben. Für die Jury hieß es deshalb wieder: zurück ins Beratungszimmer.
Jury beschuldigt Heard böswillige Absicht
Keine fünf Minuten später dann aber das Urteil. Die Antwort auf die einzelnen Anklagepunkte von Johnny Depp gegen Amber Heard: "Ja".
Eine der wohl härtesten Feststellungen: Heard habe Depp mit ihrem Artikel in der "Washington Post" mit böswilliger Absicht verleumdet, als sie sich als Opfer häuslicher Gewalt bezeichnete. Depps Name tauchte im Artikel zwar kein einziges Mal auf. Für die Jury aus fünf Männern und zwei Frauen stand trotzdem fest: Heard hatte im Artikel die Ehe der beiden gemeint.
Zehn Millionen Dollar für Depp
Allerdings sprach die Jury Depp nicht die von ihm verlangten 50 Millionen Dollar zu. Zehn Millionen Dollar soll Heard an Depp wegen der Verleumdung zahlen. Und weitere fünf Millionen wollte die Jury Heard für ihr schädigendes Verhalten gegenüber ihrem Ex-Mann noch oben draufpacken.
Das korrigierte die Richterin dann allerdings am Ende. Im Bundesstaat Virginia können für schädigendes Verhalten maximal 350.000 Dollar Strafe ausgesprochen werden. Damit wurden Depp 10,35 Millionen Dollar zugesprochen, die Heard zahlen soll.
Auch Depp muss zahlen
Aber auch Johnny Depp soll zahlen - wenn auch wesentlich weniger. Depps Anwalt, Adam Waldman, hatte in der "Daily Mail" behauptet, Heard und ihre Freunde hätten ein Penthouse so hergerichtet, dass es so ausgesehen habe, als habe dort eine Auseinandersetzung zwischen Depp und Heard stattgefunden - um Depp dann der Polizei zu melden. Die Jury urteilte, damit habe Waldman Heard verleumdet. Zwei Millionen Dollar soll sie deshalb von Depp erhalten.
Heard - im Gerichtssaal anwesend - nahm das Urteil zwar ohne große Emotionen hin, äußerte sich kurz danach aber zutiefst bestürzt. Sie sei untröstlich, ihr Herz sei gebrochen und das Urteil sei ein Rückschlag für alle Frauen, die sich öffentlich äußern. Sie kündigte noch am Mittwochabend an, Einspruch gegen das Urteil einzulegen.
Depp war nicht im Gericht von Fairfax County. Er befindet sich aktuell für Konzerte in Großbritannien. Stattdessen veröffentlichte er über seinen Sprecher ein Statement im Internet und schrieb, er habe mit dem Urteil sein Leben zurückerhalten. Er hoffe, dass nun wieder der Grundsatz in Gerichten und den Medien gelte: "Unschuldig, bis die Schuld bewiesen ist."
Ein "wundervolles" Urteil
Unter den vielen Depp-Fans vor dem Gericht brach während der Verkündung kurzer Jubel und Begeisterung aus. Dies sei ein "wundervolles" Urteil, sie habe den Prozess von Anfang verfolgt und sei extra aus Florida angereist, erklärte eine Frau im ARD-Interview. Sie sei "sehr glücklich", dass Depp gewonnen habe.
Begeisterung auch bei einem Fan aus dem 20 Minuten entfernten Reston: "Ein großartiges Urteil. Zehn Millionen Dollar sind perfekt, auch wenn ich glaube, dass Johnny Depp lieber die vollen 50 Millionen gehabt hätte." Als er gehört habe, dass das Urteil verkündet werde, habe er sich als "Fluch der Karibik"-Fan seinen Piratenhut geschnappt und sei zum Gericht gekommen. "Spaß haben und warten, ob Amber Heard rauskommt", darum sei es ihm gegangen.
Hass und Hetze gegen Heard
"Spaß haben" rund um einen Prozess ohne klaren Gewinner. Sowohl Heard als auch Depp müssen zahlen. Die gemeinsamen Jahre der beiden Stars, jedes noch so kleine Detail ihrer Beziehung wurde über sechs Wochen für die gesamte Welt verfolgbar live im Fernsehen und im Internet seziert.
Das Ergebnis: Hass, Hetze und massenhafte Morddrohungen in den sozialen Medien, vor allem gegenüber Heard. Was unterging: eine ernsthafte Auseinandersetzung mit einem Thema, das pro Jahr etwa zehn Millionen Menschen in den USA betrifft - die physische und psychische Gewalt in Beziehungen.