"Washington Post" zu China Weltweite Spionage per Ballon?
Der Streit zwischen den USA und China über einen mutmaßlichen Spionageballon dauert an. Einem Zeitungsbericht zufolge nutzte China solche Ballons wohl schon mehrfach, um militärische Einrichtungen anderer Staaten auszukundschaften.
Der über den USA abgeschossene mutmaßliche Spionageballon aus China belastet das politische Verhältnis zwischen den beiden Ländern. Ein Bericht der Zeitung "Washington Post" verstärkt nun den Verdacht, dass es sich bei dem Vorfall keinesfalls um einen Einzelfall handeln könnte.
In dem Bericht heißt es, der Ballon könnte Teil eines umfangreichen von China betriebenen Überwachungsprogramms sein. Die Zeitung beruft sich dabei auf Angaben aus US-Geheimdienstkreisen, ohne ihre Quellen namentlich zu nennen. "Die Chinesen haben eine unglaublich alte Technologie mit modernen Kommunikations- und Beobachtungsmöglichkeiten kombiniert, um Informationen über die Streitkräfte anderer Länder zu sammeln", zitiert die "Washington Post" zudem einen Vertreter der amerikanischen Regierung.
China nutze solche Ballons bereits seit Jahren, um in mehreren Ländern Informationen über militärische Einrichtungen von "strategischem Interesse" einzuholen. So seien auch in Staaten wie Japan, Indien, Vietnam, Taiwan und den Philippinen mutmaßliche Spionageballons eingesetzt worden. Insgesamt seien Ballons dieser Art auf fünf Kontinenten gesichtet worden. In den USA war der Ballon im Bundesstaat Montana gesichtet worden, nahe des Luftwaffenstützpunktes Malmstrom, wo unter anderem auch Atomraketen gelagert sein sollen.
Es soll schon früher Ballonvorfälle gegeben haben
Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, versicherte erneut, dass China mithilfe des Ballons keine wichtigen Informationen habe sammeln können. Die Tatsache, dass der Ballon so lange im US-Luftraum gewesen sei, habe den USA die Möglichkeit gegeben, viel über das Gefährt und seine Fähigkeiten in Erfahrung zu bringen. Die US-Regierung unter Präsident Joe Biden hatte zunächst gezögert, den Ballon abzuschießen und ihre Entscheidung mit der Sorge vor möglichen herabstürzenden Trümmerteilen begründet.
Ähnliche Vorfälle hatte es Kirby zufolge schon unter dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump gegeben. Mindestens drei Mal seien chinesische Ballons demnach während dessen Amtszeit kurzzeitig über den USA geschwebt. Das habe man aber erst nach dem Amtsantritt Bidens in Erfahrung gebracht.
Trump wies das zurück: Chinesische Ballons seien nicht in irgendeiner Form während seiner Zeit als Präsident über den USA unterwegs gewesen, schrieb er in seinem Online-Netzwerk Truth Social. Vertreter des Pentagons erklärten dagegen gegenüber US-Medien, während Trumps Amtszeit habe es solche Vorfälle gegeben, es sei aber erst später entdeckt worden, dass es sich bei den zunächst unerkannten Flugobjekten um chinesische Ballons gehandelt habe.
Suche nach Trümmerteilen dauert an
Nachdem der Ballon die US-Ostküste erreicht hatte, war er am Samstag schließlich doch von einem Kampfjet abgeschossen worden. Nun läuft die Bergung der Trümmerteile aus dem offenen Meer. Für die Suche sind Schiffe, Unterwasserdrohnen und Helikopter des Militärs im Einsatz.
Mit den Bruchstücken wollen sich die US-Behörden ein möglichst genaues Bild davon machen, mit welchen Sensoren der Ballon bestückt war und wie er gesteuert werden konnte.
China erneuerte seine Kritik an dem Abschuss, der eine "klare Überreaktion" sei, wie eine Sprecherin des Außenministeriums in Peking sagte. Eine Rückgabe forderte sie nicht direkt. Auf entsprechende Fragen sagte sie nur: "Das Luftschiff gehört den USA nicht."
Pentagon: China schlug Gesprächsangebot aus
Nach Angaben des Pentagons schlug Peking nach dem Abschuss des Ballons ein Gesprächsangebot aus. Der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, Pat Ryder, teilte in Washington mit, unmittelbar nach dem Abschuss des Ballons am Samstag habe das Pentagon ein Gespräch zwischen Ressortchef Lloyd Austin und seinem chinesischen Amtskollegen Wei Fenghe erbeten.
Die chinesische Seite habe dies jedoch abgelehnt. "Wir sind davon überzeugt, dass die Aufrechterhaltung offener Kommunikationswege zwischen den Vereinigten Staaten und der Volksrepublik China wichtig ist, um die Beziehungen verantwortungsvoll zu gestalten", erklärte Ryder weiter. Gerade in Momenten wie diesem sei die Kommunikation zwischen den Streitkräften beider Länder besonders wichtig. Die US-Seite bemühe sich weiter um offene Kommunikationskanäle mit Peking.
Republikaner attackieren Biden
In den USA ist über den Umgang mit dem Vorfall nun innenpolitischer Streit entbrannt. Prominente Republikaner warfen Biden Schwäche gegenüber der aufstrebenden Großmacht China vor. Der Fraktionsführer der Republikaner im Repräsentantenhaus, Steve Scalise, sagte, es habe genügend Möglichkeiten gegeben, den Ballon bereits über dem Pazifik abzuschießen.
Stattdessen habe es der Präsident erlaubt, dass der Ballon seine Mission erfülle. Der demokratische Mehrheitsführer im US-Senat, Chuck Schumer, erwiderte, derartige Kritik sei verfrüht und diene nur parteipolitischen Zielen.