
Trumps Einwanderungspolitik "Der amerikanische Traum ist gestorben"
Die jüngsten Abschiebeaktionen der USA haben massive Folgen für Mittelamerika: Resigniert kehren viele Menschen noch auf ihren Fluchtrouten vor der US-Grenze um. Viele stranden in Mexiko - doch ihre Zukunft dort ist ungewiss.
Bisher hatten Flüchtlinge in Mittelamerika und Mexiko einen klaren Kompass: nach Norden, Richtung USA. Jetzt sind viele gestrandet, bildlich zwischen tosendem Meer und Dschungel. Die Bewegung ist ins Stocken geraten, einige kehren um.
Dies geschehe mehr oder weniger freiwillig, beobachtet die Politologin Eunice Alma Rendón. Sie erwartet neue Routen und neue Zielländer der Flüchtlinge. "Durch die Drohungen, die fremdenfeindliche Sprache und den Hass des Donald Trump kommen deutlich weniger Migranten an die US-Grenze", erklärt sie. "Wir sehen da jetzt leere Flüchtlingsherbergen."
Mexiko stoppt Flüchtlinge
Auch die mexikanische Regierung stoppe den Flüchtlingsstrom, denn diese habe ein Abkommen mit den USA geschlossen, um die hohen Zölle zu verhindern. "Mexiko ist ein Teil der Mauer geworden", sagt Rendón.
Deshalb würden die Menschen an andere Richtungen denken. Viele hätten die Idee, über Kolumbien nach Spanien zu kommen. Auch die Menschenhändler würden neue Wege suchen und noch mehr Geld nehmen. "Alle denken um. Das braucht Zeit, aber definitiv verändert sich das Migrationsphänomen in der Region", sagt die Politologin.
Als Erstes traf es die Venezolaner
Vor allem Venezolaner sind die Ersten, die mehr oder weniger freiwillig die USA verlassen oder vor der Grenze umkehrten. Trump hatte ihnen sofort nach Amtsantritt den temporären Schutzstatus entzogen.
Ein Viertel der Bevölkerung - über sieben Millionen Menschen - waren vor der Diktatur aus ihrem Land geflohen. Einige davon Richtung USA. Dafür mussten sie über Kolumbien durch den lebensgefährlichen Dschungel von Darién nach Panama ziehen. Hunderte sind auf dieser Route ums Leben gekommen.
Gefährliche Fluchtroute durch den Dschungel
Estéban hat diesen Leidensweg, 4.000 Kilometer bis zur US-Grenze, überlebt. Doch er ist dann umgekehrt und zurück nach Kolumbien gegangen. "Es nähert sich eine massive Welle an Leuten, die zurückkommen, weil sie keine Chance hatten, in die USA zu gelangen", sagt er. Die Menschen hätten keine Alternative, könnten ihren Traum nicht erfüllen. "Ich habe mir nie vorstellen können, so zurückzukehren."
Nur die 100 Kilometer durch den Darién-Dschungel - sie gelten als eine der gefährlichsten Fluchtrouten der Welt - hat er diesmal bei seiner Rückkehr umschifft, zusammen mit seinem Leidensgenossen Vicente. "Für 175 Dollar pro Person hat uns ein Boot übers Meer gebracht. Aber eine hohe Welle erfasste uns. Sechs Leute sind verschwunden, ein Mädchen ist ertrunken", erzählt Vicente.
Sein Landsmann Jordis Castillo hängt an der Grenze zwischen Honduras und Nicaragua fest. Zwei Jahre fuhr er Lieferwagen in der US-Metropole Houston in Texas. Dann ging er freiwillig: "Ich war doch dazu gezwungen."
"Wenn du auf der Straße rumläufst, schnappt dich schnell die Einwanderungsbehörde und ich hatte keine Papiere", erzählt er. "Man fürchtet permanent, abgeschoben zu werden. Vielleicht sperren sie dich auch acht Monate ins Gefängnis."
"Jetzt häuft sich körperliche Gewalt"
Mexiko dagegen ist ein Land, das traditionell Flüchtlingen hilft. Schließlich sind über elf Millionen Mexikaner selbst in die USA eingewandert, nahezu jeder hat Verwandte oder Freunde im Norden. Brutal sind nur die kriminellen Banden, die Migranten entführen, ausrauben, vergewaltigen oder gar ermorden.
Aber da immer mehr nicht mehr durchziehen, sondern bleiben wollen, kippt die Stimmung an einigen Orten, sagt die Politologin Rendón. Denn sie campieren zu Hunderten auf öffentlichen Plätzen und an Straßen. "Sie haben überhaupt keine Hoffnung und jede Idee verloren, wie es weitergehen soll. Sie sind sehr deprimiert."
Natürlich würden die Menschen viel öffentlichen Raum okkupieren. "Aber sie haben da nichts: kein Wasser, keine Toiletten. Sie müssen irgendwo hinmachen. Jetzt erfahren sie mehr und mehr Rassismus und Fremdenfeindlichkeit", sagt Rendón. Migranten würden angegriffen. "Früher höchstens mal verbal, jetzt häuft sich körperliche Gewalt."
Neue Hoffnung in Mexiko?
Der Kubaner Tiobeli Cargo ist - nach der Diktatur in seiner Heimat und den Drohungen der USA - trotz allem froh, in Mexiko zu sein. "Wir haben Kuba für eine bessere Zukunft verlassen. Die haben wir in den USA nicht gefunden", sagt er. Mexiko sei ein freies Land, in dem Menschen sagen können, was sie fühlen.
"Hier geht es voran: Wir bekommen Papiere, können Arbeit suchen. Die Pläne haben sich geändert", sagt Cargo. Für ihn ist es aber keine Option, in den Albtraum Kuba zurückzukehren. "Der amerikanische Traum ist gestorben", ergänzt er resignierend.