Wahl im US-Repräsentantenhaus Fortschritte im zwölften Wahlgang?
Aufgeben? Für den US-Republikaner McCarthy ist das weiter keine Option. Elfmal hatte er sein Ziel verfehlt, neuer Sprecher des Repräsentantenhauses zu werden. Vor der zwölften Abstimmung äußerte er sich vorsichtig optimistisch.
Kevin McCarthy will trotz elf misslungener Versuche weiter Vorsitzender des US-Repräsentantenhauses werden. Vor der nächsten Abstimmung, die am Abend deutscher Zeit stattfinden soll, äußerte er sich optimistisch: "Wir werden Fortschritte machen, wir werden Sie schockieren", sagte der 57-Jährige. "Ich denke, wir haben gute Diskussionen, und alle wollen eine Lösung finden."
Fragen zu der länglichen Posse um seine Wahl wischte er beiseite und erklärte, es gehe nicht darum, wie man beginne, sondern darum, wie man durchs Ziel komme. Reportern im Kongress sagte er, er werde ohne Zeitbegrenzung weiterkämpfen: "Ich mag es, Geschichte zu schreiben."
Die mögliche Einigung könnte dem Vernehmen nach weitreichende Zugeständnisse an die 20 ultrakonservativen Abgeordneten enthalten, denen sich McCarthy bislang widersetzt hatte, darunter eine Verringerung der Macht des Vorsitzenden der Kongresskammer und die Wiedereinführung einer Regel, die es einem einzelnen Abgeordneten ermöglicht, eine Abstimmung über die Absetzung des Vorsitzenden herbeizuführen. Sollte es McCarthy auf diesem Weg also gelingen, sich die nötige Unterstützung zu sichern, ginge sein Erfolg mit einer Schwächung seiner Position einher.
"Wirklich eine schöne Sache"
Während die langwierige Wahl des Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses für die meisten Abgeordneten mit Frustration verbunden ist, sehen einige Republikaner darin einen Grund zur Freude. "Das ist eigentlich eine wirklich schöne Sache", sagte die republikanische Abgeordnete Lauren Boebert, die sich gegen McCarthy stellt. Der Abgeordnete Matt Rosendale zeigte sich ebenfalls enthusiastisch. So viel Debatte wie jetzt habe es in den vergangenen zwei Jahren nicht gegeben.
Der republikanische McCarthy-Kritiker Matt Gaetz aus Florida sorgte mit einer formalen Nominierung Donald Trumps für den Vorsitz für Furore. Möglich ist das, der Sprecher muss laut Regularien nicht Mitglied des Repräsentantenhauses sein. Doch Gaetz blieb der einzige Abgeordnete, der für Trump stimmte.
Repräsentantenhaus ist blockiert
Der Machtkampf innerhalb der Republikaner hatte am Dienstag begonnen, als das Repräsentantenhaus zu seiner konstituierenden Sitzung nach der Parlamentswahl im November zusammengekommen war. Die Republikaner übernahmen wieder die Kontrolle in der Kongresskammer, wenn auch nur mit ganz knapper Mehrheit. Doch anstatt ihre neue politische Stärke zu demonstrieren, stürzte die Partei die Kammer in Chaos und brachte die Arbeit des Parlaments zum Stillstand.
Denn bis der Vorsitz geklärt ist, geht im Repräsentantenhaus gar nichts: Die Kammer kann ihre Arbeit nicht aufnehmen. Nicht mal die neuen Abgeordneten können vereidigt werden. An gesetzgeberische Arbeit ist erst gar nicht zu denken. Der Kongress könne die Arbeit der Regierung nicht überprüfen, mahnten die Republikaner Michael McCaul, Mike Rogers und Mike Turner in einer gemeinsamen Mitteilung. "Wir dürfen nicht zulassen, dass persönliche Politik die Sicherheit und den Schutz der Vereinigten Staaten gefährdet."
Kritik am Stillstand kommt auch von den Demokraten: Es sei das erste Male seit einem Jahrhundert, dass es aufgrund von Ehrgeiz und Machtspielen keinen Kongress gebe, sagte der Abgeordnete Hakeem Jeffries, der als ranghöchster Demokrat im Repräsentantenhaus fungieren wird. "Das ist keine parteiliche Kritik. Verstehen Sie das. Es ist peinlich. Es ist Dysfunktion. Es ist gefährlich. Es ist blöd. Das sind Worte, die Republikaner verwendet haben", sagte Jeffries.
Ist ein Kompromisskandidat die Lösung?
Kann ein moderater Republikaner als parteiübergreifenden Kompromisskandidat die Lösung sein? Diese Idee bringen die Demokraten ins Spiel. "Ich bin offen, einen der Republikaner in Betracht zu ziehen, wenn sie gewisse wichtige Zugeständnisse machen", sagt etwa Ro Khanna bei CNN. Doch noch sind das Einzelstimmen, die meisten Demokraten bleiben der Meinung, die Republikaner müssten das Sprecherproblem allein lösen.
McCarthy ist der erste Kandidat seit 100 Jahren, der es nicht im ersten Anlauf auf den Vorsitzposten geschafft hat. 1923 kam es in der neunten Wahlrunde zum Votum für den Abgeordneten Frederick Gillett, nachdem die republikanische Führung Reformen zugestimmt hatte, die Mitglieder des progressiven Flügels der Republikanischen Partei gefordert hatten.