"Elliot" zieht über die USA Mindestens 17 Tote durch Wintersturm
Massive Schneefälle und extreme Temperaturen sorgen in den USA weiterhin für Chaos. 17 Menschen kamen bislang ums Leben, meist auf den eisglatten Straßen. Rettungsdienste stoßen an ihre Belastungsgrenzen.
Mit heftigen Schneefällen, Eiswind und extremen Minustemperaturen zieht der Wintersturm "Elliot" über die USA hinweg. Im Laufe des Tages soll er vor allem den Osten des Landes treffen. Infolge der Wetterverhältnisse sind Angaben des Senders NBC zufolge bereits 17 Menschen ums Leben gekommen, die meisten durch Verkehrsunfälle.
Bereits am Freitag hatte der Sturm den Verkehr zum großen Teil lahmgelegt. Zahlreiche Straßen mussten gesperrt werden. Auch für das Weihnachtswochenende warnte der US-Wetterdienst, dass Reisen bei diesen Bedingungen "extrem gefährlich und zeitweise unmöglich" seien. Teils herrschten sogenannte Whiteout-Bedingungen mit stark eingeschränkter Sicht und schwieriger Orientierung wegen des starken Schneefalls.
Auch im Flug- und Bahnverkehr führte das extreme Wetter teilweise zum Stillstand. Am Freitag mussten der Webseite "FlightAware" zufolge mehr als 5000 Verbindungen gestrichen werden, fast 9000 Flüge kamen verspätet an ihr Ziel.
"Elliot" wird teilweise zum "Bombenzyklon"
Von den Auswirkungen des Wintersturms sind 48 Bundesstaaten der USA und etwa 60 Prozent der gesamten Bevölkerung des Landes betroffen. Besonders schlimm ist es an den Großen Seen. Dort entwickelte sich der Sturm zu einem sogenannten Bombenzyklon - ein Wetterphänomen, bei dem der Luftdruck innerhalb von 24 Stunden extrem abfällt und damit die Wucht des Sturms verstärkt. Städte wie Cleveland, Detroit und Chicago versinken unter einer dicken Schneedecke. In Buffalo im Bundesstaat New York sind Schneefälle bis zu 1,20 Meter vorhergesagt.
In mehreren Bundesstaaten wie Montana, Wyoming oder South Dakota wurden bereits am Freitag Temperaturen von um minus 45 Grad Celsius gemessen. Auch am Samstagmorgen lag der Wert in Montana teils noch bei minus 40 Grad Celsius.
Bei einem "Bombenzyklon", wie er derzeit in Teilen der USA droht, sprechen Meteorologen von dem Begriff Bombogenese oder von einer rapiden Zyklogenese.
Bei diesem Phänomen treffen arktisch kalte Luft aus dem Norden auf mildere Luft aus dem Süden aufeinander. Durch extreme Temperaturunterschiede kommt es zu einer starken und schnellen Tiefdruckentwicklung.
Per Definition muss für eine rapide Zyklogenese der Luftdruck in den mittleren Breiten innerhalb von 24 Stunden um 24 Hektopascal (hPa) fallen. Zum Vergleich: Bei einem Sturmtief sinkt ungefähr der Luftdruck um zehn Hektopascal in etwa 24 Stunden.
Bei einem "Bombenzyklon" können Temperaturen sogar auf gefühlt bis zu minus 60 Grad Celsius sinken. Der NASA zufolge entspricht das fast der Temperatur auf dem Mars.
Ein "historisches Ereignis"
Der Wetterdienst nannte "Elliot" ein "historisches Ereignis": Nicht nur wegen Rekordwerten bei den Temperaturen von bis zu minus 48 Grad Celsius, sondern auch wegen der Größe der arktischen Kaltfront, die in ihrem Verlauf von der Grenze zu Kanada im Norden bis zur Grenze nach Mexiko im Süden reiche.
Über das Wochenende soll der Wintersturm vor allem die US-Ostküste betreffen und an vielen Orten für das kälteste Weihnachten seit Jahren sorgen. Weiter im Westen, in Denver, Colorado, etwa, ist das Schlimmste schon wieder vorbei. Dort soll es heute bis zu plus 7 Grad warm werden.
"Packen Sie sich warm ein, bleiben Sie drinnen"
Solche extremen Wetterverhältnisse könnten für Menschen lebensbedrohlich werden, warnte der US-Wetterdienst. Bereits nach wenigen Minuten im Freien könnten Erfrierungen drohen, bei längeren Aufenthalten gar der Tod.
In mehreren Bundesstaaten wurde der Notstand ausgerufen, darunter auch New York. Gouverneurin Kathy Hochul appellierte an die Bevölkerung, zu Hause zu bleiben: "Packen Sie sich warm ein, bleiben Sie drinnen und passen Sie dieses Wochenende auf sich auf." Hochul sprach von einem "lebensbedrohlichen Ereignis". Die vereisten Straßen würden nicht so schnell verschwinden, die eiskalten Winde würden noch anhalten. Die Gouverneurin warnte:
Wir haben Eis, Überschwemmungen, Schnee, eisige Temperaturen und alles, was Mutter Natur uns an diesem Wochenende auftischen konnte.
Zuvor hatte auch Präsident Joe Biden vor einer "richtig ernsten" Gefahrensituation gewarnt. Ein solches Wetter habe nichts mit einem "Schneetag aus Kinderzeiten" gemein.
Zeitweise fast 1,5 Millionen Haushalte ohne Strom
In Erie County warnte der in dem Bezirk für Rettungsdienste verantwortliche Marc Poloncarz vor einer Überlastung der Einsatzkräfte. Auf Twitter rief er dazu auf, nur in den "kritischsten, lebensbedrohlichen Fällen" den Notruf zu wählen. Auch er betonte, die Menschen sollten in ihren Häusern bleiben, auch wenn bei ihnen die Heizung und der Strom ausgefallen sein sollten. Ein Transport in Notunterkünfte sei derzeit nahezu unmöglich.
US-Behörden zufolge waren durch die Sturmauswirkungen landesweit zeitweise fast 1,5 Millionen Haushalte von der Stromversorgung abgeschnitten. Von den Ausfällen waren vor allem die sogenannten Neuengland-Staaten betroffen, wie ARD-Korrespondentin Katrin Brand berichtet. Zu der Region Neuengland zählen die Bundesstaaten Maine, Vermont, New Hampshire, Massachusetts, Connecticut und Rhode Island. Allein in Maine hätten etwa 250.000 Menschen zwischenzeitlich keinen Strom gehabt.
Wenn auch die Heizung ausfällt, kann das bei zweistelligen Minustemperaturen lebensgefährlich werden. Besonders hart betroffen sind Obdachlose. Die meisten Städte haben Wärmezentren und Notunterkünfte eingerichtet.