Vor Verleihung in Hollywood "Im Westen nichts Neues" auf Oscar-Kurs
Neun Nominierungen - darunter auch die Königsklasse bester Film. "Im Westen nichts Neues" geht als einer der Favoriten in die Oscar-Verleihung in der kommenden Nacht. Selten war es für Deutschland so spannend.
In einem orangeroten Mantel kommt Kulturstaatsministerin Claudia Roth auf die Bühne zum Empfang der deutschen Filmemacher in Los Angeles. Die Temperaturen sind überraschend kühl, die Worte dafür umso wärmer.
In der Künstlerresidenz Villa Aurora werden die Macher von "Im Westen nichts Neues" mit viel Applaus empfangen. Claudia Roth erinnert daran, dass auch der Autor des Buchs, Erich Maria Remarque, hier war, als Exil-Deutscher.
Wiedersehen mit alten Freunden
Für Regisseur Edward Berger, der dieses Buch nun zum dritten Mal verfilmt hat, ist die Villa Aurora auch ein Stück Heimat.
2015 hatte er selbst ein Stipendium in der Villa bekommen und drei Monate in Los Angeles gelebt und gearbeitet. Seit Freitag gibt es nonstop Programm für die "Im Westen nichts Neues"-Filmcrew - viel Händeschütteln, Anstoßen und auch ein Wiedersehen mit alten Freunden, wie Berger erzählt.
"Ich hab gerade meinen alten Freund Florian Hoffmeister getroffen, der für 'Tár' nominiert ist." Die beiden seien seit 30 Jahren befreundet. "Dass wir jetzt zusammen hier sind, ist wahnsinnig schön", so Berger.
Neun Nominierungen für "Im Westen nichts Neues"
Viele Deutsche oder deutschsprachige Filmschaffende können in diesem Jahr auf einen Oscar hoffen: Florian Hoffmeister für die Kameraarbeit und die Östereicherin Monika Willi für den Schnitt für das Drama "Tàr" mit Cate Blanchett. Der Film "Triangle of Sadness" entstand mit deutscher Beteiligung und Filmförderung.
Die meiste Aufmerksamkeit bekommt jedoch "Im Westen nichts Neues", der übrigens keine Filmförderung erhalten hat. Die Netflix-Produktion wurde nicht nur als bester internationaler, sondern auch als bester Film nominiert.
Hauptdarsteller Felix Kammerer ist immer noch ziemlich sprachlos: "Ein Wunder finde ich diese neun Nominierungen! Wenn wir wirklich was gewinnen sollten: die Kirsche auf dem Eisbecher!"
Sein Gesicht hängt prominent überall in Los Angeles. Und auch wenn er selbst nicht als bester Darsteller nominiert ist: Verschafft die Nominierung schon neue Jobs? "Es gibt schon Angebote. Ich möchte auch einfach nur gute Projekte machen. Und ob das hier endet... wäre schön. Aber ich mach den Beruf ja nicht für die Preisverleihungen - zum Glück!"
Produzent Grunert: "Nicht ganz chancenlos"
Nebendarsteller Albrecht Schuch ist auch in Los Angeles und will sich nicht festlegen, wie viele Oscars es werden könnten: "Wir haben doch schon alles gewonnen."
Produzent Malte Grunert wägt ab. Den Oscar als bester Film? Die Konkurrenz sei schon hart: "Absoluter Favorit ist 'Everything Everywhere All at Once', aber wir sind nicht ganz chancenlos." Er habe schon angefangen, eine Dankesrede zu schreiben. "Man will ja nicht plötzlich nackt dastehen. Und sich darüber keine Gedanken zu machen, wäre ja, wie gegen den eigenen Film zu wetten. Das macht man ja auch nicht."
Dass die Nominierungen historisch sind, zeigt sich auch am Besuch von Claudia Roth. Sie hat sogar ein Ticket bekommen für die Oscar-Verleihung und sitzt dann im Saal. "Das ist schon eine ziemlich große Freude und Ehre! Ich will ja auch repräsentieren, den deutschen Film repräsentieren - und den deutschen Film sichtbar machen. Und dazu hilft ganz sicher auch 'Im Westen nichts Neues'."