Ruth Westheimer Die Pionierin der Sexualaufklärung ist tot
Kaum jemand sprach so humorvoll über Sexualität und Leidenschaft. Und viele suchten ihren Rat. Nun ist die Sexualtherapeutin und Soziologin Ruth Westheimer gestorben. Sie wurde 96 Jahre alt.
Sie galt als eine Pionierin der Sexualaufklärung - und ihre Sendungen hatten Kultstatus. Nun ist die renommierte Sexualtherapeutin und Soziologin Ruth Westheimer tot. Sie starb in ihrem Zuhause in New York City im Kreise ihrer Angehörigen. Das teilte ihr Manager und Freund Pierre Lehu mit. Westheimer wurde 96 Jahre alt.
In den Vereinigten Staaten sorgte ihre Radiosendung "Sexually Speaking" Anfang der 1980er-Jahre für Aufsehen. Freimütig gab die Psychologin und Soziologin Tipps zum Thema Sex und Leidenschaft - ohne Urteile über Anruferinnen und Anrufer zu fällen. Schnell war der Erfolg so groß, dass weitere Sendungen in Radio und Fernsehen folgten.
Mischung aus Humor und Nüchternheit
Westheimer schrieb mehr als 40 Bücher. Ihr erstes erschien im Jahr 1983 unter dem Titel "Dr. Ruth's Guide to Good Sex". Mit Lehu zusammen veröffentlichte Westheimer Bücher wie "Sex für Dummies" und "Silver Sex - Wie sie ihre Liebe lustvoll genieße". Ihr charakteristisches Kichern und ein offener Umgang mit Sex-Tipps verschafften ihr viele Fans. Ohne Hemmungen sprach sie über Themen wie Ejakulation und Masturbation, sodass Hunderttausende anonym den Rat der Expertin suchten.
"Ihr Name und der ausgeprägte Klang ihrer Stimme sind untrennbar mit dem Thema Sex verbunden", schrieb die New York Times einmal. 2019 bekam sie das Bundesverdienstkreuz.
Flucht in die Schweiz
In den 1980er-Jahren setzte sie sich für Schwule ein - auf dem Höhepunkt der Aids-Epidemie. Sie müsse Menschen, die einige rechte Christen als "Untermenschen" betrachteten, wegen ihrer eigenen Vergangenheit verteidigen, sagte sie.
Als Ruth Karola Siegel war sie 1928 als Kind jüdischer Eltern zur Welt gekommen. Im Alter von zehn Jahren schickten ihre Eltern sie in die Schweiz, um sie vor den in Nazideutschland organisierten Pogromen zu schützen. Ihre Eltern sollte sie nie wieder sehen. Westheimer ging davon aus, dass sie in Auschwitz ermordet wurden. Mit 16 Jahren zog sie nach Palästina, wo sie sich der zionistischen Untergrundorganisation Hagana anschloss.
Dort wurde sie als Scharfschützin ausgebildet, schoss aber damals nach eigenen Angaben auf niemanden. Bei einer Bombenexplosion trug sie schwere Verletzungen an ihren Beinen davon, viele ihrer Freunde wurden getötet. Später ging sie nach Paris, wo sie an der renommierten Sorbonne studierte. Mitte der 1950er-Jahre siedelte sie in die USA über, wo sie sich in New York City niederließ.