Anhörung der neuen EU-Kommissare Antreten zur mündlichen Prüfung
Heute beginnt das große Grillen in Brüssel. Jeder einzelne der designierten Kommissare muss sich den Fragen der Europaparlamentarier stellen. Die mündliche Prüfung ist keineswegs reine Formsache. Heute ist auch Günther Oettinger dran.
Die CSU-Europaabgeordnete Angelika Niebler hat ein Privileg. Sie gehört zu den Auserwählten, die den künftigen Kommissar für Digitalwirtschaft am Abend im Europaparlament befragen dürfen. "Es ist ja ein großes Politikum, wer wann welche Fragen stellen darf, und wie man die Fragerunden auf die einzelnen Fraktionen verteilt", sagt sie. Eine Minute fragen, zwei Minuten antworten, insgesamt 45 Mal. Drei Stunden dauert das.
Soweit das Prozedere. Zuständig für Oettinger sind übrigens zwei unterschiedliche Expertengruppen: die Ausschüsse für Industrie und für Kultur, weil beide Politikbereiche betroffen sind.
Die Abgeordneten bereiteten sich seit Wochen auf den Abend vor, erzählt Niebler. "Ich werde ihn fragen, wie wir uns auch mit Blick auf die Konkurrenz in den USA und in China europäisch rüsten, was für die Industrie 4.0 an Rahmenbedingungen geschaffen werden muss, wie es mit dem Datenschutz und mit dem Urheberrecht aussieht, wo wir mehr europäische Lösungen brauchen." Viel Stoff in nur einer einzigen Frageminute, aber für einen, der in Brüssel als analytischer Technokrat bekannt ist, wohl dennoch kein Problem.
Kann Oettinger Internet?
Anders könnte es Oettinger da schon bei den Fragen der Grünen im Europaparlament ergehen. So erwägt Sven Giegold beispielsweise in Erfahrung zu bringen, ob Oettinger irgendwie weiß, wovon die Abgeordneten überhaupt sprechen. "Das heißt, es wird zu fragen sein, ob er das Internet und die großen Probleme, die damit einhergehen, versteht." Das klingt nach einem grundsätzlichem Problem. Es müsse dringend herausgefunden werden, ob Günther Oettinger eine klare Vision habe. Also: Warum die Digitalwirtschaft so wichtig für Europa sei und welche Widersprüche, mit anderen Bereichen einhergehen, wie etwas dem Datenschutz, dem Verbraucherschutz, der Konzentration von Macht im Internet. Und inwieweit, die europäische Kommission zum Schutz der Verbraucher und zum Schutz der Demokratie bei der Gestaltung der Digitalwirtschaft aktiv wird.
Einfach wird es demnach also nicht werden für Oettinger, obwohl er doch zum soliden Teil der Kandidaten zählt, also eben nicht den sogenannten Problembären zugeordnet wird. Läuft alles nach Plan für ihn, könnte es bereits am späten Abend zumindest ein vorläufiges Ja des Europaparlaments geben. Im schlimmsten Fall aber geht’s in die Verlängerung.