Anschläge in Pakistan Angriffe auf Christen und ein Gerichtsgebäude
In Pakistan haben Terroristen ein christliches Viertel in Peschawar und ein Gerichtsgebäude in Mardan angegriffen. Mindestens 13 Menschen kamens ums Leben, auch fünf der Attentäter. Neben den Taliban versucht nun auch der IS, in Pakistan Fuß zu fassen.
Der Terror begann um sechs Uhr früh, in einem Außenbezirk von Peschawar in Nordwestpakistan: Mehrere Selbstmordattentäter versuchten hier, in ein christliches Viertel vorzudringen. Sicherheitskräfte konnten sie offenbar rasch stoppen. Zwei der Angreifer hätten sich selbst in die Luft gesprengt, zwei weitere seien erschossen worden, so ein Behördensprecher.
Ein muslimischer Anwohner berichtet, ein Sicherheitsmann, der das christliche Viertel schützen sollte, habe den Alarm ausgelöst: "Der Wächter hatte die Gruppe gesehen. Dann hat er ihnen zugerufen, stehenzubleiben. Aber sie haben nicht geantwortet. Da hat er geschossen. Einer der Angreifer blieb verletzt liegen, die anderen gingen in Deckung. Ich kann diese Typen nicht als Märtyrer bezeichnen. So etwas machen Muslime nicht. Diese Angreifer sind schlimmer als Tiere."
Zweiter Anschlag im nahen Mardan
Zu der Tat bekannte sich eine Splittergruppe der pakistanischen Taliban. Wenig später dann Explosionen am Gebäude des Distriktsgerichts von Mardan, nicht weit von Peschawar entfernt: Pakistanischen Medien zufolge hatte ein Angreifer zunächst eine Handgranate in eine Menschenmenge geworfen und sich dann selbst in die Luft gesprengt.
Die säkulare Gerichtsbarkeit ist den Extremisten ein Dorn im Auge. Sie wollen die Scharia im Land einführen. Peschawar und Mardan liegen im Nordwesten Pakistans, unweit der afghanischen Grenze und der so genannten Stammesgebiete. Von dort aus haben Extremisten aus Afghanistan und Pakistan immer wieder Aktionen in beiden Ländern geplant und ausgeführt. Die afghanisch-pakistanische Grenze gilt als sehr durchlässig.
Viele Terrorgruppen unter dem Dach der Taliban
Allein in Pakistan soll es mehr als 30 aktive Terrorgruppen geben, die meisten sind lose unter dem Dach der pakistanischen Taliban vernetzt. Auch der "Islamische Staat" (IS) versucht, in Pakistan und Afghanistan Fuß zu fassen. Die pakistanischen Behörden hatten stets dementiert, dass der IS auch in Pakistan aktiv sei.
Ein Armeesprecher ruderte aber gestern während einer Pressekonferenz überraschend zurück: "Ja, es stimmt: Die Gruppe versucht, auch bei uns aktiv zu werden. Es gibt hier mehrere Zellen, die ich als die Kerngruppe bezeichnen würde. Dabei handelt es sich allesamt um Kämpfer, die vorher noch anderen Gruppen in Pakistan die Treue geschworen hatten und übergelaufen sind."
Die Armee hatte 2014 in den Stammesgebieten eine Offensive gegen die heimischen Extremisten gestartet. Dabei sollen nach jüngsten offiziellen Angaben bisher 3500 Islamisten und mehr als 2000 Soldaten getötet worden sein. Diese Zahlen lassen sich allerdings kaum unabhängig prüfen. Die Region ist für Journalisten nur in Begleitung von Soldaten zugänglich. Unabhängige Quellen gibt es dagegen kaum.
Armee geht seit längerem verstärkt gegen Terroristen vor
Die Armee verstärkte ihre Aktionen Ende 2014 nach dem Angriff auf eine Schule in Peschawar, bei dem mehr als 130 Kinder getötet wurden. Seitdem ist auch die Zahl der Anschläge in Pakistan zurückgegangen. Allerdings gehört die Terrorgefahr weiterhin zum Alltag. Im August hatte sich in Quetta ein Selbstmordattentäter in einer Gruppe von Journalisten und Anwälten in die Luft gesprengt. Die Opfer hatten vor einem Krankenhaus um einen ermordeten Kollegen getrauert.
Mehr als 70 Menschen starben bei dem Anschlag, viele wurden schwer verletzt. Sowohl Taliban als auch der "Islamische Staat" hatten die Verantwortung für die Tat übernommen. Auch Christen sowie andere Minderheiten in Pakistan sind häufig Ziel von Terroranschlägen. Ende März hatte ein Selbstmordattentäter in einem Freizeitpark in Lahore eine Bombe gezündet. Damals starben mehr als 70 Menschen, darunter viele Christen, die den Ostersonntag im Park verbringen wollten.