Israels Raketenabwehr ist im Einsatz über der Stadt Ashkelon

Nach iranischem Angriff auf Israel Neue Drohungen, Solidaritätsbekundungen und große Sorgen

Stand: 02.10.2024 04:35 Uhr

Israels Premier Netanyahu will den erneuten iranischen Raketenangriff nicht unbeantwortet lassen. Die USA und europäische Staaten sicherten dem Land Unterstützung zu. Gleichzeitig wächst die Sorge vor einem umfassenden Krieg.

Der erneute iranische Angriff auf Israel ist in Europa und den USA auf scharfe Kritik gestoßen. US-Präsident Biden erklärte den Angriff als gescheitert und sicherte Israel erneut die volle Unterstützung der USA zu. "Der Angriff scheint vereitelt worden und unwirksam gewesen zu sein, und das ist ein Beweis für die militärischen Fähigkeiten Israels und der US-Armee", sagte Biden in Washington.

Derzeit seien Gespräche mit Israel über eine mögliche Reaktion auf die Angriffe im Gange, führte Biden aus. Wie diese aussehen könnte, werde "im Moment aktiv diskutiert. Das bleibt abzuwarten."

Zuvor hatten bereits sein Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan und US-Außenamtssprecher Matthew Miller "Konsequenzen" für den Iran angekündigt.

"Die Amerikaner bemühen sich weiterhin um eine diplomatische Lösung", Gudrun Engel, ARD Washington

tagesthemen, 01.10.2024 22:40 Uhr

Auch die Bundesregierung verurteilte die Raketenangriffe auf Israel "auf das Allerschärfste". Bundesaußenministerin Annalena Baerbock erklärte im Onlinedienst X, der Iran müsse den Angriff "sofort einstellen". Ähnlich äußerte sich der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Auf X forderte er zudem eine "sofortige Waffenruhe in der ganzen Region". Großbritanniens Premier Keir Starmer versicherte Israel in einem Telefonat mit Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu seine Unterstützung.

Frankreich verstärkt Militärpräsenz

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigte an, als Zeichen der Unterstützung Israels die militärische Präsenz Frankreichs im nahen Osten zu verstärken. Macron forderte die Hisbollah erneut auf, ihre terroristischen Aktionen gegen Israel und seine Bevölkerung einzustellen. Macron bekräftigte auch die Notwendigkeit, die Souveränität und territoriale Integrität des Libanon unter strikter Einhaltung der Resolutionen des UN-Sicherheitsrates wiederherzustellen.

UN-Sicherheitsrat kommt zusammen

Der UN-Sicherheitsrat kündigte für Mittwoch eine Dringlichkeitssitzung zur Lage im Nahen Osten ab. Die Sitzung sei für 10 Uhr New Yorker Zeit (16 Uhr MESZ) angesetzt, erklärte der Schweizer Ratsvorsitz. UN-Generalsekretär Antonio Guterres hatte zuvor die "Ausweitung des Nahostkonflikts mit einer Eskalation nach der anderen" beklagt. Das müsse aufhören. "Wir brauchen unbedingt einen Waffenstillstand."

Israel kündigt weitere Angriffe an

Doch nach einer Feuerpause sieht es momentan nicht aus. Israel kündigte weitere Angriffe im Nahen Osten an. "Der Iran hat heute Abend einen großen Fehler gemacht und er wird dafür bezahlen", sagte Regierungschef Netanyahu. Nach den Worten von Armeesprecher Daniel Hagari ist die israelische Luftwaffe nach wie vor "voll einsatzfähig" und werde "heute Abend im Nahen Osten weiterhin mit voller Kraft zuschlagen, so wie sie es im vergangenen Jahr getan hat."

Die iranischen Raketenangriffe hätten keine Auswirkungen auf die Einsatzfähigkeit der Luftwaffe. Die israelischen und US-Verteidigungssysteme hätten effektiv funktioniert, sagte er weiter. Es habe eine enge Zusammenarbeit beim Aufspüren und Abfangen geben. Am Dienstag seien zwei hochrangige Kommandeure der Hisbollah ausgeschaltet worden. "Diese beiden Treffer sind ein schwerer Schlag für die Moral der Organisation." Israel werde die Hisbollah-Kommandeure und jeden, der die Bürger des Staates Israel bedrohe, weiter verfolgen.

Hagari betonte, der Iran habe "eine schwerwiegende Tat" begangen, die den Nahen Osten in Richtung Eskalation treibe. "Wir werden zu dem Zeitpunkt und an dem Ort handeln, den wir bestimmen, und zwar in Übereinstimmung mit den Anweisungen der politischen Ebene. Diese Ereignisse werden Konsequenzen nach sich ziehen."

Offenbar 180 Raketen aus dem Iran abgefeuert

Der Iran hatte Israel am Dienstagabend mit zahlreichen Raketen angegriffen. Im ganzen Land war Luftalarm ausgelöst worden. Das Armee wies die Menschen an, sich in Sicherheit zu bringen. Der israelische Luftraum wurde vorübergehend abgeriegelt. Die israelische Armee teilte mit, insgesamt seien rund 180 Raketen Richtung Israel aus dem Iran abgefeuert worden. Die meisten seien von Israel und einer von den USA geführten Verteidigungskoalition abgefangen worden. Ein Todesopfer gab es im Westjordanland durch herabfallende Raketentrümmer sowie zwei Verletzte in Tel Aviv. 

Am späten Abend gab die Armee Entwarnung. Die Menschen konnten die Schutzräume wieder verlassen.

Israel beschießt Hisbollah-Ziele im Libanon

Die israelische Armee setzte kurz nach der Attacke aus dem Iran nach eigenen Angaben den Beschuss von Hisbollah-Stellungen in den Außenbezirken der libanesischen Hauptstadt Beirut fort. Es würden "terroristische Ziele der Hisbollah" in der libanesischen Hauptstadt angegriffen, erklärte das israelische Militär.

Aus libanesischen Sicherheitskreisen verlautete, dass die israelische Armee zwei Angriffe im Süden der Hauptstadt Beirut ausgeführt habe. Die Nachrichtenagenturen AFP und Reuters berichteten von Explosionen aus der Gegend. Die israelische Armee hatte die Bevölkerung kurz zuvor aufgerufen, "sofort" zu ihrer eigenen Sicherheit zwei Gebäude in einem südlichen Vorort von Beirut zu verlassen und die gesamte Umgebung im Umkreis von 500 Metern zu meiden.

Iran droht Israel

Der Iran drohte Israel mit neuer Gewalt, sollte die israelische Armee auf den Raketenangriff mit Vergeltungsmaßnahmen reagieren. "In diesem Fall wird unsere Antwort stärker und kräftiger ausfallen", schrieb der iranische Außenminister Abbas Araghchi auf der Plattform X. "Unsere Aktion ist abgeschlossen, es sei denn, das israelische Regime beschließt, zu weiteren Vergeltungsmaßnahmen aufzurufen."

Der Iran habe "fast zwei Monate lang enorme Zurückhaltung geübt, um Raum für eine Waffenruhe in Gaza zu schaffen." Die Unterstützer Israels hätten jetzt eine größere Verantwortung, "die Kriegstreiber in Tel Aviv zu zügeln, anstatt sich an deren Wahnsinn zu beteiligen."

Am Freitag war Hisbollah-Anführer Hassan Nasrallah bei einem israelischen Luftangriff getötet worden. Der Iran drohte daraufhin mit Vergeltung. Bereits auf die Israel zugeschriebene Tötung von Hamas-Chef Ismail Hanija Ende Juli hatte Teheran mit Vergeltung gedroht. Im April hatte der Iran Israel erstmals direkt von seinem Staatsgebiet aus mit mehr als 300 Raketen und Drohnen beschossen. Mehrere Verbündete halfen Israel damals bei der Abwehr des Angriffs.