Tourismus in Bhutan Königreich will exklusiver werden
Das buddhistische Königreich gilt als exklusiver Urlaubsort. Seit Beginn der Corona-Pandemie waren die Grenzen aber dicht. Jetzt öffnen sie wieder - allerdings hat sich die Touristensteuer mehr als verdreifacht.
Von Charlotte Horn, ARD-Studio Neu-Delhi
Alles steht bereit für den großen Tag: Mehr als 480 Reiseführer warten auf die ersten Touristen. Das verkündete die Moderatorin des Staatsfernsehens von Bhutan vor einigen Tagen.
Bhutan hat die Reiseleiter extra fortgebildet. Das Land rechnet damit, dass die Urlauber jetzt mehr erwarten für ihr Geld. Denn die sogenannte Gebühr für nachhaltige Entwicklung, die alle Touristen zahlen müssen, kostet nicht mehr umgerechnet etwa 65 Euro pro Tag, sondern 200 Euro. Der Tourismus-Rat von Bhutan rechnet daher mit einer anderen Art von Touristen, so Direktor Dorji Dhadhul.
Einziges Land mit negativer CO2-Bilanz
Bis 2019 hätte das Land alle möglichen Besucher bekommen, sagt Dhadhul. Jetzt erwarte er Menschen, die bewusster, achtsamer und verantwortungsvoller reisen. Die Gebühr soll das Land unterstützen, sich nachhaltig zu entwickeln, im Umweltschutz zum Beispiel.
Das Königreich mit seinen etwa 800.000 Menschen ist das einzige Land weltweit mit einer negativen CO2-Bilanz. Aber bekommen Touristen jetzt mehr für ihr Geld?
"Das ist eine gute Frage. Sie unterstützen auf jeden Fall Bhutan mehr und in einem nachhaltigen Sinn", sagt Wolfgang Keller. Er organisiert für einen Veranstalter aus Nordrhein-Westfalen Reisen nach Bhutan. Vor der Pandemie mussten Touristen ein Paket aus Hotel, Verpflegung und der Touristen-Gebühr buchen. Jetzt habe sich diese Gebühr mehr als verdreifacht, doch das Angebot sei im Prinzip gleich geblieben.
Nicht alle profitieren
Kellers Eindruck sei, dass das Geld nicht so versande wie in Nachbarländern wie etwa in Nepal, wo die Korruption sehr stark sei. "Das Geld fließt schon in die richtigen Stellen. Bhutan braucht nach der Pandemie einfach Geld", sagt Keller.
Die gestiegenen Kosten jetzt sieht er skeptisch - gerade nach zweieinhalb Jahren ohne Touristen und Einnahmen in der Pandemie sei die Hoffnung der Branche groß gewesen. Vor allem kleinere Agenturen und Hotels würden nicht durchhalten, vermutet Keller.
Vor der Pandemie: 30.000 Touristen jährlich
"Große Gefahr dabei ist, dass weniger Gäste einreisen - auch wenn sie mehr Geld da lassen", sagt Keller. Das heiße auch, dass weniger Personal benötigt werde, weniger in den Hotels, weniger Guides und weniger Fahrer. Keller geht davon aus, dass am Ende der Staat Bhutan zwar profitiere, aber die einzelnen Beteiligten weniger Geschäft und Anteil daran hätten.
Tshering Dorji hofft dennoch, dass das Geschäft ähnlich gut wird wie vor der Pandemie - mit zuletzt fast 30.000 Touristen im Jahr. Er organisiert seit fast 30 Jahren Reisen durch sein Heimatland Bhutan - vor allem für deutsche Touristen. Er zeigt Verständnis für die erhöhte Gebühr.
Das Geld komme dem Land zu Gute, ganz im Sinne des "Bruttonationalglücks", dem weltweit einmaligen Index für Bhutan. Außerdem stelle man so sicher, dass nicht zu viele Urlauber kämen.
"Edle Initiative" oder schlicht zu teuer?
In den Jahren vor der Pandemie sei Bhutan kurz davor gewesen, ein Ziel für Massentourismus zu werden, sagt Dorji: "Daher ist die Gebühr die einzige Möglichkeit, die wir dagegen haben - ganz im Sinne unserer Gesellschaft und der Umwelt. Es ist eine sehr edle Initiative und eine Vision, die Bhutan und den Bhutanern über Generationen hinaus dienen wird."
Exkusivität sieht auch Keller als Hauptziel der erhöhten Steuer: "Die Hoffnung von Bhutan ist, dass es noch mehr zu einer exklusiven Destination wird. Zum Apple-Handy des Tourismus. Es ist sehr schwer einzuschätzen, wie sich das entwickelt." Keller selbst überarbeitet gerade das Angebot für Rundreisen - mit weniger Tagen in Bhutan.
Die ersten deutschen Urlauber fliegen kommende Woche. Keller rechnet für das kommende Jahr mit halb so vielen Buchungen für das Königreich wie vor der Pandemie. Er habe einige Gäste, die zwar gerne nach Bhutan reisen würden, es sich aber nicht mehr leisten könnten.