China-Besuch von Außenministerin Baerbock Klar die Konfliktlinien angesprochen
Bei ihrem Besuch in China hat Bundesaußenministerin Baerbock ihre Gastgeber auch auf die umstrittenen Themen angesprochen: Krieg in der Ukraine, Beziehung zu Russland, Taiwan, Menschenrechte. War ihr Besuch ein Erfolg?
Gemeinsame Besichtigung eines deutschen Unternehmens in der Hafenstadt Tianjin: Chinas Außenminister Qin Gang begleitet Annalena Baerbock am Freitagmorgen bei ihrem Besuch bei der Firma Vitesco. Das Unternehmen ist im Bereich der Elektromobilität tätig. Ein Schwerpunkt der Bundesaußenministerin bei ihrem Besuch in China: Wirtschaft und Klimaschutz. Doch das sind die angenehmeren Themen.
Baerbock und Qin Gang fahren anschließend mit dem Hochgeschwindigkeitszug nach Peking. In der Hauptstadt finden weitere Gespräche statt, und es gibt eine gemeinsame Pressekonferenz. Baerbock spricht die Themen an, über die die chinesische Staatsführung nicht so gerne sprechen will.
Chinas Außenminister vermeidet das Wort "Krieg"
Chinas Drohungen in Richtung Taiwan, Menschenrechte, Chinas Freundschaft mit Russland und der Krieg in der Ukraine: "Ich muss offen sagen, dass ich mich frage, warum die chinesische Positionierung bisher nicht die Aufforderung an den Aggressor Russlands beinhaltet, den Krieg zu stoppen", so Baerbock. "Wir alle wissen, Präsident Putin hätte jederzeit die Möglichkeit dazu."
Chinas Außenminister hält dagegen: Der Konflikt - China spricht bis heute nicht von einem Krieg - könne nur durch Verhandlungen gelöst werden. Alle Seiten müssen Zurückhaltung üben. Qin Gang versichert, Russland im Krieg gegen die Ukraine aktuell und auch künftig nicht mit Waffen zu unterstützen. Doch mehr auch nicht, China bleibt bei seinen bekannten Positionen, sieht sich als neutrale Partei.
China baut Beziehungen zu Russland aus
Doch Staatschef Xi Jinping hat bislang weder den russischen Angriffskrieg in dem Nachbarland verurteilt noch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gesprochen. Im Gegenteil: China baut seine Beziehungen zu Russland aus, verkauft so viele Waren wie noch nie in das Nachbarland und kauft günstig Energie, finanziert den Krieg dadurch gar mit. Russland ist außerdem ein Partner an der Seite der kommunistischen Regierung im globalen Systemwettstreit mit den USA.
China kündigte während des Besuchs der Außenministerin an, dass der chinesische Verteidigungsminister Li Shangfu am Sonntag nach Russland reisen wird. Auch das ist ein Signal.
China blockt beim Thema Taiwan
Beim Thema Taiwan verbittet sich Qin Gang wie gewöhnlich jegliche Einmischung. Die Staats- und Parteiführung betrachtet die demokratisch regierte Insel als eigenes Staatsgebiet, obwohl Taiwan nie Teil der Volksrepublik war.
Als Baerbock die Beschneidung von Menschenrechten in China anspricht, antwortet Qin Gang: "Diese Meinungsverschiedenheiten sollten uns nicht davon abhalten, im Austausch zu bleiben. Aber dieser Austausch sollte auf gegenseitigem Respekt und Gleichberechtigung basieren." Was China am wenigsten brauche, seien Lehrmeister aus dem Westen.
Keine einheitlichen Standards für Menschenrechte?
Bei den Menschenrechten gebe es "keine einheitlichen Standards in der Welt", so Chinas Außenminister. Dass die Volksrepublik die wichtigsten Menschenrechtskonventionen der Vereinten Nationen ratifiziert hat, wird einfach ignoriert.
Erst am Montag sind zwei Menschenrechtsanwälte zu hohen Haftstrafen verurteilt worden. Während des Besuches der Außenministerin wurden gar Bürgerrechtler festgenommen und unter Hausarrest gestellt.
Anschließend traf Baerbock noch den Vize-Staatschef Han Zheng. Außerdem standen noch Termine mit nicht-staatlichen Organisationen und Vertretern der Zivilgesellschaft auf dem Programm.
Baerbock hat zentrale Konfliktlinien angesprochen
Mikko Huotari vom China-Thinktank Merics in Berlin hält den Besuch der deutschen Außenministerin durchaus für gelungen. Trotz der offen ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten - oder vielleicht gerade deshalb.
Baerbock habe klargemacht, wo sie stehe und wo die roten Linien seien: "Es ist das erste Mal, dass sie vor Ort die Grundlinie dieser neuen China-Politik dann auch besprechen kann. Die Bundesministerin hat relativ klar zentrale Konfliktlinien angesprochen", so Huotari. Man wolle weiter engen Kontakt, mehr Austausch, kein Decoupling. Und man wolle Risiken minimieren, die im Verhältnis aufgetreten sind.
Einseitige Abhängigkeiten von China verringern, sei es bei der Produktion von Medikamenten oder bei der Förderung von seltenen Erden. Das war eine der Kernbotschaften der Bundesaußenministern. Europa müsse sich weniger erpressbar machen, so Baerbock.