Xi Jinping und Joe Biden in Kalifornien, November 2023.
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Verhältnis China und USA Peking auf Kuschelkurs?

Stand: 13.02.2024 09:05 Uhr

Seit China wirtschaftliche Probleme hat, ist Pekings Ton anders geworden. Regierungsvertreter treten gegenüber demokratischen Ländern weniger aggressiv auf. Ist auf der Münchner Sicherheitskonferenz ein neuer Kuschelkurs angesagt?

Was die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums, Mao Ning, kürzlich zu Konfliktherden im Nahen Osten sagte, beschreibt, wie die Volksrepublik ihre Rolle in der Welt sieht: "Wann immer nötig, wollen wir dazu beitragen, eine überhitzte Situation abzukühlen." Ganz ähnlich haben sich Mao und ihre Kollegen vielfach geäußert, seitdem der Krieg in der Ukraine letztes Jahr die Münchner Sicherheitskonferenz beherrschte.

Der Auftritt des obersten chinesischen Außenpolitikers Wang Yi war auf der Konferenz mit besonders großer Spannung erwartet worden. Denn Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping und der russische Präsident Wladimir Putin hatten sich kurz davor als "beste Freunde" mit einer "grenzenlosen Partnerschaft" bezeichneten.

Demonstrative Einigkeit von Xi und Putin

Wer also könnte einen Frieden vermitteln, wenn nicht Xi, fragten sich viele. Tatsächlich weckte die Sicherheitskonferenz 2023 zunächst Hoffnung im Krieg gegen die Ukraine. Wang Yi verkündete einen sogenannten Aktionsplan, der weithin als Friedensplan interpretiert wurde. Dann allerdings folgte nichts, was tatsächlich als aktive chinesische Vermittlung angesehen werden könnte.

Gleichzeitig verkauften chinesische Firmen trotz Exportkontrollen kampffähige Drohnen nach Russland. Mehrfach präsentierten sich Xi und Putin im vergangenen Jahr in demonstrativer Einigkeit, schlossen Abkommen und beschworen ihre Zusammenarbeit. Ganz offen sprachen sie davon, für eine "neue Weltordnung" zu stehen, die ohne die USA als führende Nation funktionieren solle.

Chinas Friedensnarrativ

Was also kündigt China dieses Jahr bei der Sicherheitskonferenz an? Janka Oertel, Asien-Expertin vom European Council on Foreign Relations, meint: "Es wird ein Abstreiten stattfinden, dass es so starke Unterstützung der russischen Regierung gibt. Dass sich die chinesische Regierung doch an Sanktionen halte, dass doch keine schweren Waffen geliefert würden."

Damit verbunden sei die Botschaft, dass doch vor allem die USA die wahren Aggressoren seien. Und dass China nur an Frieden interessiert sei. "Dieses Friedensnarrativ zurückzugewinnen, wird sicher das Komplizierteste sein auf der Sicherheitskonferenz", erklärt Oertel.

Schwieriges Jahr liegt hinter China

Das Jahr seit der letzten Münchner Sicherheitskonferenz war für China schwierig, vor allem wirtschaftlich. Die strenge Null-Covid-Politik mit ihren wochenlangen brutalen Lockdowns hat den zuvor starken Optimismus vieler in der Volksrepublik erschüttert. Millionen Familien verloren ihre Ersparnisse durch die Pleiten riesiger Immobilienfirmen.

Die Regierung hörte auf, Zahlen zur Jugendarbeitslosigkeit zu veröffentlichen, als deren Quote auf über 20 Prozent stieg. Und die Nachfrage nach chinesischen Produkten im Ausland nahm ab, weil viele Länder ihre wirtschaftlichen Verflechtungen mit China auf Risiken für die nationale Sicherheit zu überprüfen begannen.

Westliche Unternehmen als Chinas Lobbyisten

Beim Weltwirtschaftsforum in Davos im Januar lautete die Botschaft von Premier Li Qiang dann: China sei ein offenes Land, speziell für Investoren, und gegen Barrieren zwischen den Volkswirtschaften. Das sei kein neuer Kuschelkurs, urteilt Janka Oertel, sondern schlichtweg Taktik.

"Die Logik, wir werden unabhängig von der Welt, aber die Welt muss abhängig von uns bleiben, das sind eben zwei Elemente einer Strategie", meint Oertel. "Wenn die ganze Welt sich unabhängiger von China macht, dann funktioniert der zweite Teil nicht mehr so gut. Die Tatsache, dass die westlichen Unternehmen durchaus die besten Lobby-Organisationen sind für die chinesische Sache, kann nur funktionieren, wenn sie weiterhin im chinesischen Markt investiert bleiben, wenn sie in China kaufen, in China produzieren."

"Trump Chinas Favorit für Präsidentschaft"

Am schärfsten schauen die USA beim China-Engagement ihrer Wirtschaft hin. Washington verfolgt einen strikten Kurs, die Volksrepublik von Hochtechnologie "made in USA" abzuschneiden - um zu verhindern, dass China diese für den Bau eigener Waffensysteme nutzt. Für Peking verschärft dies jahrelange Spannungen, die einst durch die Strafzölle des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump ausgelöst wurden.

Janka Oertel glaubt jedoch, dass Trump trotzdem Pekings Favorit für die nächste US-Präsidentschaft ist. Denn Trump sei Gift für Allianzen. Die Zusammenarbeit zwischen Europa und den USA sowie in einer breiteren Koalition mit Japan, Korea, Australien und Europa wäre aufgrund von fehlendem Vertrauen sehr schwer handhabbar.

Gefahr für Taiwan - und Europa

Eine Trump-Administration würde auch den Konflikt um Taiwan anders betrachten. Denn Trump sei willens, "einen Deal zu machen, solange das Angebot gut genug ist, von chinesischer Seite", sagt Oertel. Eine Folge könnte sein, dass Washington den in den USA seit 1979 gesetzlich verankerten Schutz Taiwans aufgibt.

Peking sieht Taiwan als eigenes Staatsgebiet an und droht mit Krieg, um die eigenen Ansprüche Realität werden zu lassen. Und ohne die amerikanische Schutzmacht könnte sich die Volksrepublik die demokratisch regierte Insel relativ risikolos einverleiben.

Taiwan ist für internationale Lieferketten aber extrem wichtig, weil dort die weltweit leistungsstärksten Mikrochips hergestellt werden. Außerdem führen wichtige internationale Handelsrouten durch die Meerenge zwischen Taiwan und dem chinesischen Festland.

Janka Oertel hofft, dass sich auch die EU-Spitze mehr als bisher mit ihrer Position zwischen den Großmächten China und USA beschäftigt: "Die große Gefahr, vor der wir gerade stehen, ist, dass wir versuchen, zu keiner Seite eine Entscheidung zu treffen. Dass das letztendlich dazu führt, dass wir nicht die richtigen Mittel haben, sowohl mit China, als auch mit den USA umzugehen. Und im nächsten Jahr in einer Welt aufwachen, in der es für Europa noch schwieriger geworden ist."

Astrid Freyeisen, BR, tagesschau, 12.02.2024 19:21 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 13. Februar 2024 um 08:50 Uhr.