Jährlicher Bericht EU klagt über Chinas Repressionen in Hongkong
Ein EU-Bericht zeichnet ein düsteres Bild zur Lage in Hongkong: Chinas Regierung habe die eigentlich garantierten Grundfreiheiten weiter massiv eingeschränkt, heißt es dort. Die Repressionen zielten besonders auf die prodemokratische Bewegung ab.
Führende EU-Vertreter erheben mit einem neuen Bericht zu den Entwicklungen in Hongkong schwere Vorwürfe gegen die politische Führung in Peking. Im vergangenen Jahr seien sowohl Hongkongs hoher Grad an Autonomie als auch die demokratischen Grundsätze und die Grundfreiheiten weiter geschwächt worden, heißt in einer Mitteilung zu der Analyse der EU-Kommission von Ursula von der Leyen und des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell.
Die Entwicklungen weckten zusätzliche Zweifel an Chinas Bekenntnis zum Grundsatz "Ein Land, zwei Systeme". Dieser sieht eigentlich vor, dass die Bürgerinnen und Bürger der einstigen britischen Kronkolonie Hongkong bis 2047 "ein hohes Maß an Autonomie" und viele Freiheiten genießen. Großbritannien hatte Hongkong am 1. Juli 1997 an China zurückgegeben.
145 Personen unter Anklage gestellt
Allerdings drängt die Regierung in Peking seit der Einführung des nationalen Sicherheitsgesetzes im Jahr 2020 diese Rechte zurück. Auch das Jahr 2022 sei von "der weitreichenden Umsetzung" des Sicherheitsgesetzes geprägt gewesen, heißt es in dem EU-Bericht. "Die Gerichtsverfahren gegen demokratiefreundliche Aktivisten und Politiker nahmen weiter zu." Mehr als 230 Personen seien festgenommen worden. Gegen 145 Personen und fünf Unternehmen sei Anklage erhoben worden, die Verurteilungsquote habe bei 100 Prozent gelegen.
Zudem warteten viele Menschen auf ihren Prozess. Darunter seien 47 prodemokratische Aktivisten, die an einer Vorwahl teilgenommen hatten sowie Mitglieder der inzwischen aufgelösten Hongkonger Allianz zur Unterstützung der patriotischen demokratischen Bewegungen in China. Viele von ihnen seien seit Januar 2021 in Untersuchungshaft, teilweise sogar in Einzelhaft.
Wirtschaftliches Engagement weiter hoch
Zur Lage der Pressefreiheit heißt es, diese habe sich 2022 erheblich verschlechtert. Zahlreiche unabhängige Medienunternehmen hätten ihre Tätigkeit eingestellt, zudem seien Journalistinnen und Journalisten festgenommen und angeklagt worden. In der von der Journalistenorganisation "Reporter ohne Grenzen" erstellten Rangliste der Pressefreiheit für das Jahr 2022 sei Hongkong um 68 Plätze auf Rang 148 von 180 Ländern herabgestuft worden.
Zu dramatischen Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Hongkong kam es laut dem Bericht bislang allerdings nicht. Mit 1.600 Unternehmen habe die EU 2022 weiterhin die größte ausländische Wirtschaftsgemeinschaft gestellt und sei Hongkongs drittgrößter Handelspartner im Warenhandel gewesen, heißt es. Der bilaterale Dienstleistungsverkehr zwischen der EU und Hongkong habe sogar um rund 25 Prozent zugenommen und auch die Investitionen in beide Richtungen wiesen nach wie vor ein beträchtliches Volumen auf.