Indonesien Lawrow verlässt G20-Treffen vorzeitig
Für den russischen Außenminister ist das Treffen mit seinen G20-Amtskollegen auf Bali schnell beendet. Direkt nach seiner Rede verließ Lawrow den Saal. Er wolle noch bilaterale Gespräche führen und reise dann ab, teilte sein Ministerium mit.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat das G20-Treffen der führenden und aufstrebenden Wirtschaftsmächte auf Bali vorzeitig verlassen. "Lawrow führt noch bilaterale Gespräche, danach wendet er sich an die Presse und reist ab", teilte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, der Nachrichtenagentur dpa auf Anfrage mit. Er nimmt demnach nicht am offiziellen Essen und an der Nachmittagssitzung teil.
Lawrow bemängelte, dass auf dem Treffen von den westlichen Staaten mehr über Russland als über die weltweiten ökonomischen Probleme gesprochen würde.
Lawrow-Kritik: Russland im Fokus - nicht die Wirtschaft
Nach Angaben von Lawrow ist Russland bereit, mit der Ukraine und der Türkei über Getreide zu verhandeln. Es sei aber unklar, wann solche Gespräche stattfinden könnten, so Lawrow. In der Ukraine lagern Millionen Tonnen Getreide, die nicht exportiert werden können.
Er warf dem Westen vor, den Übergang zu einer friedlichen Lösung des Konflikts in der Ukraine zu verhindern. Wenn die EU und die USA einen Sieg der Ukraine auf dem Schlachtfeld anstrebten, "dann haben wir wahrscheinlich mit dem Westen nichts zu besprechen", sagte Lawrow.
Außerdem warf er dem Westen auch vor, die Ukraine dazu zu drängen, für die Kämpfe "seine Waffen zu benutzen". Lawrow kritisierte, dass die Vertreter westlicher Staaten Russland wegen der Lage in der Ukraine als "Aggressor" und "Besatzer" anprangere, ohne sich die Gründe anzusehen. Russland sieht es als sein Recht einer unabhängigen Politik an, seine Interessen in der Ukraine mit militärischer Gewalt durchzusetzen und kritisiert die westlichen Sanktionen als illegal. Er sei nach Bali gekommen, um sich einen Eindruck zu verschaffen, "wie der Westen atmet", so Lawrow.
Nach der Rede aus dem Saal
Lawrow verließ nach Angaben aus Delegationskreisen direkt nach seiner Rede den Sitzungssaal. Er habe sich damit auch der Replik von Außenministerin Annalena Baerbock entzogen, hieß es weiter. Baerbock war als amtierende Vorsitzende der G7-Gruppe führender demokratischer Wirtschaftsmächte direkt nach Lawrow als nächste Rednerin vorgesehen.
Baerbock hatte am Donnerstagabend kurz nach ihrem Eintreffen auf Bali gesagt, sie werde in ihrer Replik auf Lawrow "sehr deutliche Worte finden, dass wir diesen Bruch des internationalen Völkerrechts nicht akzeptieren".
Im Saal saß der Russe zwischen Vertretern aus Saudi-Arabien und Mexiko. Die Anwesenheit Lawrows bei dem G20-Treffen galt auch als Test für eine mögliche Teilnahme von Kremlchef Wladimir Putin am G20-Gipfel am 15. und 16. November, der ebenfalls auf Bali stattfindet. Mehrere Staaten hatten ihre Teilnahme infrage gestellt, sollte Putin persönlich zum Gipfel kommen.
"Brücken bauen und nicht Mauern"
Zum Auftakt des Treffens rief Gastgeberin Retno Marsudi eindringlich zu einem Ende des russischen Angriffskrieges in der Ukraine auf. "Unsere Verantwortung ist es, den Krieg so schnell wie möglich zu beenden. Und Brücken zu bauen und nicht Mauern", sagte die indonesische Außenministerin. Der weltgrößte Inselstaat hat derzeit den Vorsitz des Staatenbundes. Dem Aufruf Marsudis schlossen sich alle anderen Teilnehmerländer an. Ein "starker Chor aus der ganzen Welt" habe Moskau dazu gedrängt, die Angriffe einzustellen, sagte US-Außenminister Antony Blinken.
Kurz zuvor hatte Marsudi Lawrow bei seiner Ankunft im Luxushotel Mulia im Badeort Nusa Dua höflich aber zurückhaltend begrüßt.
Journalist nach Frage unerwünscht
Bei der Begrüßung hatten zwei deutsche Journalisten Lawrow Fragen zugerufen. Der ZDF-Korrespondent Andreas Kynast: "When do you stop the war?" ("Wann beenden Sie den Krieg?"). Kynast wurde im Anschluss nach eigenen Angaben von indonesischen Sicherheitsbeamten aus der Empfangshalle hinausgebracht. Weitere Einschränkungen für ihn gab es demnach zunächst nicht. Ein zweiter deutscher Journalist rief Lawrow die Frage zu: "Why don't you stop the war?" ("Warum beenden Sie den Krieg nicht?").