Internationaler Strafgerichtshof Gallant nennt drohende Haftbefehle "verachtenswert"
Nach Israels Ministerpräsident Netanyahu hat auch Verteidigungsminister Gallant die beantragten Haftbefehle des Internationalen Strafgerichtshofs scharf kritisiert. Damit würden Israel und die Hamas gleichgesetzt.
Der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant hat auf die beantragten Haftbefehle des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) empört reagiert. "Der Versuch des IStGH-Anklägers Karim Khan, die Situation umzukehren, wird keinen Erfolg haben", erklärte Gallant. "Die Parallele, die er zwischen der Terrororganisation Hamas und dem Staat Israel gezogen hat, ist verachtenswert." Das sei ein "schändlicher" Schritt, der Israel das Selbstverteidigungsrecht gegen die Hamas-Organisation nehmen solle.
Auch der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hatte das Vorgehen des IStGH scharf kritisiert. Er bezeichnete den Chefankläger Khan als einen "der großen Antisemiten der Moderne". In einer Videobotschaft sagte Netanyahu zudem, Khan gieße "hartherzig Öl in die Feuer des Antisemitismus, die auf der ganzen Welt wüten".
Khan sagte geplanten Besuch in Israel kurzfristig ab
Der Chefankläger Khan beschuldigt Netanyahu und Gallant, für das Aushungern von Zivilisten als Methode der Kriegsführung sowie für willkürliche Tötungen und zielgerichtete Angriffe auf Zivilisten verantwortlich zu sein.
Nach Angaben der US-Regierung sagte Khan einen geplanten Besuch in Israel kurz vor der Beantragung der Haftbefehle ab. Bei der Visite sollte er mit der israelischen Regierung eigentlich noch über die Ermittlungen sprechen und auch ihre Sicht hören, hieß es in einer Mitteilung von US-Außenminister Antony Blinken. "Diese und andere Umstände stellen die Legitimität und Glaubwürdigkeit dieser Untersuchung in Frage", hieß es weiter.
Deutschland kritisierte das parallele Beantragen eines Haftbefehls gegen die israelische Regierungsspitze und die Führung der Hamas. "Durch die gleichzeitige Beantragung der Haftbefehle gegen die Hamas-Führer auf der einen und die beiden israelischen Amtsträger auf der anderen Seite ist der unzutreffende Eindruck einer Gleichsetzung entstanden", teilte das Auswärtige Amt mit.
Ähnlich äußerte sich Bundeskanzler Olaf Scholz: Die Gräueltaten der Terroristen seien nicht im Entferntesten mit Israels Kriegsführung zu vergleichen, ließ er über seinen Sprecher mitteilen. "Die Bundesregierung hat stets betont, dass Israel das Recht hat, sich im Einklang mit dem Völkerrecht gegen die mörderischen Angriffe der Hamas zu verteidigen", sagte der Sprecher in der Bild-Zeitung. "Vor diesem Hintergrund wiegen die Vorwürfe des Chefanklägers schwer und müssen belegt werden."
Frankreich unterstützt IStGH
Frankreich stärkte dem IStGH nach dem Antrag auf Haftbefehl den Rücken. Das Land unterstütze den Internationalen Strafgerichtshof, seine Unabhängigkeit und den Kampf gegen Straflosigkeit in allen Situationen, teilte das französische Außenministerium mit. Was Israel angehe, poche Frankreich seit vielen Monaten auf die strikte Einhaltung des humanitären Völkerrechts und beklage insbesondere die Opfer unter der Zivilbevölkerung im Gazastreifen sowie den unzureichenden Zugang für Hilfslieferungen.
Bei dem Vorgehen gegen Israel und die islamistische Hamas hatte die prominente Menschenrechtsanwältin Amal Clooney den IStGH unterstützt. Khan habe sie vor mehr als vier Monaten gebeten, ihn zusammen mit einer Expertengruppe bei der Prüfung der Beweismittel zu unterstützen, teilte Clooney mit. Sie habe die Beweismittel zur Vorbereitung des Antrags auf Haftbefehle mit weiteren Völker- und Strafrechtlern ausgiebig geprüft und rechtlich analysiert.