Nach Tod von Nasrallah Hisbollah will weiterkämpfen und sucht neuen Chef
Nach dem Tod ihres Anführers Nasrallah gibt sich die libanesische Terrororganisation Hisbollah unbeirrt kämpferisch: Die Angriffe gegen Israel gehen weiter, verkündete der Vize-Chef. Russland verurteilte Nasrallahs Tötung. Auch der Iran äußerte sich.
Der Anführer der libanesischen Hisbollah-Miliz Hassan Nasrallah starb am Freitag bei einem israelischen Luftangriff. Vize-Chef Naim Kassim hat sich nun erstmals seit dem Tod zu Wort gemeldet: Er erklärte, der Kampf gegen Israel werde fortgesetzt - und eine Entscheidung in der Nasrallah-Nachfolge stehe "bald" an.
"Wir wissen, dass der Kampf lang dauern könnte, und wir sind auf alle Möglichkeiten vorbereitet", sagte Kassim in einer im Fernsehen übertragenen Rede. "Wenn Israel sich dafür entscheidet, eine Bodenoffensive zu starten, wir sind bereit."
Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant deutete bei einem Truppenbesuch einen möglichen Bodeneinsatz an. "Wir werden alle Möglichkeiten nutzen, die wir haben", kündigte er an.
Kämpfe aus Solidarität mit der Hamas
Kassim erklärte, aus Solidarität mit der islamistischen Hamas im Gazastreifen auch weiterhin gegen Israel zu kämpfen. Die Hisbollah wolle "alle Brüder in Gaza unterstützen und den Libanon beschützen." Israel sei es nicht gelungen, die militärischen Kapazitäten der Miliz zu beeinträchtigen, so Kassim. Es gebe stellvertretende Kommandeure und Ersatzkandidaten, falls ein Kommandeur von einem Rang verwundet werde.
Kassim hat als Vize-Chef vorübergehend die Führung der Terrororganisation übernommen. Die Anhänger würden noch immer um Nasrallah trauern, sagte er.
Unterstützung aus dem Iran
Auch der Iran als wichtigster Unterstützter der Hisbollah zweifelt nicht am Fortbestehen der Organisation. "Hassan Nasrallah wurde zum Märtyrer, aber seine Lehre lebt weiter", sagte Außenamtssprecher Nasser Kanani laut der staatlichen Nachrichtenagentur Irna. Truppen werde der Iran jedoch nicht in den Libanon schicken: "Es ist nicht nötig, zusätzliche oder freiwillige Kräfte der Islamischen Republik Iran zu schicken", sagte Kanani. Der Libanon und die Kämpfer in den Palästinensergebieten hätten "die Fähigkeit und Stärke, sich selbst gegen die Aggression zu verteidigen".
Der Iran hatte die Hisbollah während des Bürgerkriegs im Libanon aufgebaut, Teheran finanziert und bewaffnet die schiitische Miliz. Die Hisbollah gehört zu der vom Iran angeführten "Achse des Widerstands" gegen Israel, zu der sich neben der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas auch die Huthi-Rebellen im Jemen zählen.
Russland kritisiert Tötung
Russland verurteilte die Tötung von Nasrallah. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte, der Tod Nasrallahs habe zu einer schweren Destabilisierung in der gesamten Region geführt. Die Bombardierung von Wohngebieten im Libanon habe schwere Opfer gefordert und würde eine humanitäre Katastrophe ähnlich der in Gaza auslösen.
"Jedes zivile Opfer ist ein ziviles Opfer zu viel"
Ein Sprecher des deutschen Außenministeriums in Berlin sagte der Nachrichtenagentur Reuters, Israel habe mit dem großangelegten Luftangriff auf Beirut vergangene Woche vom Recht auf Selbstverteidigung Gebrauch gemacht. Die Hisbollah sei eine Terrororganisation, und es sei offenbar ein Treffen der obersten Führung der Miliz gewesen, um weitere Operationen zu planen, so der Sprecher. Er ergänzte aber: "Jedes zivile Opfer ist ein ziviles Opfer zu viel."
In den vergangenen Monaten waren durch israelische Angriffe im Libanon mehrere ranghohe Hisbollah-Kommandeure getötet worden. Am Montag verkündete die israelische Armee außerdem, dass bei einem Luftangriff im Libanon auch ein ranghoher Anführer der Hamas ums Leben gekommen sei. Fatah Scharif Abu al-Amin sei gemeinsam mit weiteren Familienmitgliedern in seinem Wohnort nahe Tyros getötet worden, hieß es auch in einer Mitteilung der Hamas. Es handele sich um den Anführer der Hamas im Libanon.