Kritik an Urteilen in Hongkong "Schlag gegen die Grundrechte"
Der bislang größte Prozess gegen die demokratische Opposition in Hongkong ist zu Ende. Die langen Haftstrafen für Aktivisten sorgen für Kritik. Nicht nur der EU-Außenbeauftragte Borrell äußerte sich deutlich.
Bis zu zehn Jahre Haft für Demokratieaktivisten - diese Strafen eines Gerichts in Hongkong sorgen für scharfe Kritik. Die Urteile seien ein "weiterer beispielloser Schlag gegen die Grundrechte" und die Demokratie in der chinesischen Sonderverwaltungszone, erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Die Europäische Union sei besorgt über die "politisch motivierte Strafverfolgung". Europa werde die Menschenrechtslage in Hongkong weiter genau beobachten.
Angebliche Verstöße gegen "Sicherheitsgesetz"
Den insgesamt 45 Angeklagten wurde vorgeworfen, inoffizielle Vorwahlen organisiert zu haben, um möglichst Oppositionskandidaten zu bestimmen. Damit hätten sie gegen ein 2020 von Peking durchgesetztes "Sicherheitsgesetz" verstoßen.
Das Gericht legte den Aktivisten zur Last, eine potenzielle Mehrheit im Legislativrat angestrebt zu haben, um dessen Auflösung und letztlich den Sturz des Regierungschefs von Hongkong zu erzwingen. Es war der bislang größte Prozess wegen angeblicher Verstöße gegen das "Nationale Sicherheitsgesetz".
Kritik aus zahlreichen Ländern
Auch die USA, Großbritannien und andere Staaten verurteilten die Schuldsprüche. Vom US-Konsulat in Hongkong hieß es, die Angeklagten seien aggressiv verfolgt und für die Teilnahme an normalen politischen Aktivitäten inhaftiert worden. Peking und Hongkong müssten politisch motivierte Strafverfolgungen sofort stoppen und alle politischen Häftlinge freilassen.
Von der britischen Regierung hieß es, Chinas Einführung des "Sicherheitsgesetzes" habe die Rechte und Freiheiten der Menschen in Hongkong ausgehöhlt. Die Verurteilung sei ein klarer Beweis, dass Behörden das Gesetz nutzten, um politischen Widerspruch zu bestrafen. Das Vereinigte Königreich werde sich immer für die Menschen in Hongkong einsetzen. Die ehemalige britische Kronkolonie steht seit der Rückgabe an China 1997 als Sonderverwaltungsregion unter chinesischer Souveränität.
Taiwan erinnert an chinesische Versprechen
Eine Sprecherin des taiwanischen Präsidialbüros erklärte, Demokratie sei kein Verbrechen. Die chinesische Regierung bediene sich unfairer Verfahren, um die politische Teilhabe und Meinungsfreiheit von prodemokratischen Aktivisten zu unterdrücken. Die Urteile würden nicht nur das Versprechen brechen, wonach sich in Hongkong "50 Jahre lang nichts ändern" und es dort ein "hohes Maß an Autonomie" geben solle. Sie zeigten auch, dass die Maxime "ein Land, zwei Systeme" nicht umsetzbar sei.
Bei der Rückgabe der britischen Kronkolonie an China hatte Peking zugesagt, dass in der Sonderverwaltungszone 50 Jahre lang Freiheitsrechte nach westlichem Muster gemäß dem Prinzip "ein Land, zwei Systeme" Bestand haben würden.
Hongkong liegt an der Südküste der Volksrepublik China
Peking verteidigt sich
Hongkongs Sicherheitsminister Chris Tang verteidigte das Vorgehen. Die Strafen spiegelten die Schwere der Vergehen wider. Die nationale Sicherheit trage dazu bei, den Wohlstand der Stadt zu sichern. Daher nehme die Regierung jegliche Verstöße ernst.
Ähnlich äußerte sich das chinesische Außenministerium. Gewisse westliche Länder ließen den Fakt außer Acht, dass sie ihre eigene nationale Sicherheit durch juristische Verfahren schützten. Zugleich kritisierten sie aber Hongkonger Gerichte dafür, dass diese das sogenannte Sicherheitsgesetz "auf faire Weise umsetzen".