Iran Sechs Kandidaten für Präsidentenwahl zugelassen
Der iranische Wächterrat hat entschieden, wer für die Präsidentenwahl antreten darf. Nur sechs Kandidaten sind zugelassen - alles systemtreue Anwärter wie der frühere General der Revolutionsgarden. Regimegegner dürfen nicht antreten.
Im Iran hat der mächtige Wächterrat eine große Mehrheit der Kandidaten von der Präsidentenwahl ausgeschlossen. Damit gehen am 28. Juni insgesamt sechs Kandidaten ins Rennen, wie ein Sprecher der Wahlbehörde im Staatsfernsehen verkündete. Unter ihnen ist auch der Parlamentspräsident Mohammed Bagher Ghalibaf, ein Hardliner und früherer General der Revolutionsgarden. Auch der amtierende Vize-Präsident Amir Hossein Ghasisadeh-Haschemi und der ultrakonservative Ex-Atomunterhändler Said Dschalili gehören zu den Kandidaten.
Das Nachsehen hatten wie in der Vergangenheit vor allem gemäßigte Anwärter. Insgesamt 80 Iranerinnen und Iraner hatten sich für die Wahl beworben. Zu den prominenten Bewerbern, die abgelehnt wurden, gehören der frühere Parlamentspräsident Ali Laridschani sowie Wahid Haghanian, ein mit US-Sanktionen belegter früherer Kommandeur der Revolutionsgarden. Auch der Ex-Präsident Mahmud Ahmadinedschad darf nicht antreten. Ihm war schon 2017 und 2021 die erneute Kandidatur bei der iranischen Präsidentschaftswahl verwehrt worden.
Religionsführer Chamenei mit entscheidendem Einfluss
Die Neuwahl folgt auf den Tod von Präsident Ebrahim Raisi, der am 19. Mai bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen war. Die eigentliche Macht konzentriert sich im Iran nicht auf den Präsidenten, sondern auf den Religionsführer. Ajatollah Ali Chamenei übt auch entscheidenden Einfluss auf den Wächterrat aus. Als Folge können Wahlberechtigte nur aus einem Kreis systemtreuer Kandidaten wählen.
Dem sogenannten Wächterrat gehören zwölf islamische Geistliche und Juristen an, die jeweils zur Hälfte vom Parlament gewählt und von Religionsführer Chamenei ernannt werden. Der Rat entscheidet über die Verfassungskonformität von Gesetzen und auch, welche Kandidaten bei den Wahlen zugelassen werden. Wegen seiner herausragenden Rolle im politischen System wurde der Rat in der Vergangenheit als undemokratisches Gremium kritisiert. Der 97 Jahre alte Ajatollah Ahmad Dschannati ist Vorsitzender des Rats.
Vor der vorherigen Parlamentswahl im Jahr 2021 hatte der Wächterrat ebenfalls nur sieben Kandidaten zugelassen und zahlreiche moderate Politiker und Reformer ausgeschlossen. Letztlich gewann Raisi den Urnengang. Die Wahlbeteiligung erreichte damals mit 48,8 Prozent den niedrigsten Stand seit Gründung der Islamischen Republik Iran im Jahr 1979.
Viele Menschen sind desillusioniert
Viele Menschen im Iran sind angesichts politischer Repression, einer Wirtschaftskrise und der gescheiterten Reformversuche in den vergangenen Jahrzehnten desillusioniert. Sie haben den Glauben an große innenpolitische Veränderungen verloren. Im Herbst 2022 entfachten sich nach dem Tod der jungen Kurdin Jina Masa Amini landesweite Proteste gegen das islamische Herrschaftssystem. Die Wahlbeteiligung bei der diesjährigen Parlamentswahl erreichte ein Rekordtief von rund 40 Prozent.