Streit um Israels Justizwesen Der Warner von Sicherheitsrisiken muss gehen
Verteidigungsminister Galant galt innerhalb der Regierungskoalition Israels als Stimme der Vernunft. Jetzt ist er sein Amt los, weil er den umstrittenen Umbau des Justizwesens kritisiert hatte. Nach seiner Entlassung gab es erneut Massenproteste.
Joaw Galant galt innerhalb der in Teilen rechtsextremen und ultrareligiösen Regierungskoalition Israels bisher als Stimme der Vernunft - sein Amt ist er nun los. Galant hatte sich am Samstag in einer öffentlichen Erklärung von der umstrittenen Justizreform distanziert: "Wir müssen den Gesetzgebungsprozess zum jetzigen Zeitpunkt stoppen. Wir müssen die Demonstrationen stoppen und die Hand für einen Dialog ausstrecken. Und jede Form der Befehlsverweigerung muss unverzüglich aufhören."
Grund für die klaren Worte Galants sind Sicherheitsrisiken. Zusammen mit anderen hochrangigen Vertretern des Sicherheitsapparats hatte er immer wieder davor gewarnt, dass die Spaltung der israelischen Gesellschaft sich durch die Reformpläne vertieft und dass sie längst auch die Streitkräfte erfasst hat, die in Israel eine besonders wichtige Rolle spielen.
Tausende Reservisten weigern sich den Berichten zufolge inzwischen, an Übungen und Einsätzen teilzunehmen. Darunter sind Kampfpiloten und IT-Experten. Die Verteidigungsbereitschaft Israels sei in Gefahr, sagte Galant in seiner Erklärung: "Die Spaltung der israelischen Gesellschaft dringt in die Armee und die Sicherheitskräfte ein. Das ist eine klare, unmittelbare und konkrete Gefahr für die Sicherheit des Staates. Diese Sache werde ich nicht zulassen."
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu zeigte sich von diesen Warnungen unbeeindruckt. Aus seinem Umfeld hieß es, die Erklärung Galants sei mit ihm nicht abgestimmt gewesen, es gebe keine Vertrauensbasis mehr. Galant schrieb auf Twitter: "Die Sicherheit Israels ist immer meine Lebensaufgabe gewesen und wird es auch immer bleiben."
Turbulente Beratungen
Ungeachtet auch der immer größer werdenden Proteste gegen die Justizreform arbeitet die Regierungskoalition daran, weitere Teile der Reform durch das Parlament zu bringen. Schon bald soll ein Gesetz in letzter Lesung beschlossen werden, dass der Regierungskoalition die Kontrolle über die Besetzung der obersten Richter sichert.
Die Beratungen dazu im Justizausschuss der Knesset waren teilweise turbulent. Doch schließlich konnte der Vorsitzende Simcha Rothman, eine der treibenden Kräfte der umstrittenen Justizreform, verkünden: "Wir sind heute vorangekommen und werden weiter vorankommen, so dass das Gesetz planmäßig für die letzte Lesung fertig sein wird." Man sei auf dem Weg, die Auswahl des Richterausschusses zu korrigieren, genauso wie versprochen.
"Ehrlich gesagt, wenn wir uns anschauen, wie sich die Opposition verhält, muss man wirklich Angst vor dem Tag haben, an dem sie, Gott behüte, an die Macht kommen könnte." Deswegen sei es das Ziel, verantwortungslose Menschen daran zu hindern, Macht über den Obersten Gerichtshof zu erlangen, so Rothman.
Massenproteste gehen weiter
Die Demonstrationen und Massenproteste gegen die Reform gingen derweil weiter. Noch spät am Abend hatten sich Zehntausende Menschen zu Straßenprotesten versammelt. In Tel Aviv blockierten die Demonstranten eine Autobahn und entzündeten Feuer. Auch an anderen Orten in Israel gab es Proteste. Am Samstag hatten sich so viele Menschen wie noch nie in Tel Aviv aber auch an vielen anderen Orten des Landes versammelt.
In Tel Aviv blockierten die Demonstranten eine Straße und entzündeten Feuer.
Die frühere Außenministerin Tsippi Livni wandte sich an die Knesset-Abgeordneten mit einem Appell: "Das ist der letzte Shabbat vor der Abstimmung. Ihr habt dem Staat Israel eure Treue geschworen. Dieser Eid beinhaltet nicht Macht, Ehre und Geld, sondern Verantwortung. Deswegen: Stimmt gegen das Gesetz und für den Staat!"
Berichte über Abweichler im Likud-Block
Die Frage der nächsten Stunden ist es, ob es Netanyahu gelingt, die Reihen geschlossen zu halten. Immer wieder hatte es Berichte über mögliche Abweichler in seinem Likud-Block gegeben.
Ein Teil der Reform, der die Immunität des Regierungschefs erweitert, ist derweil schon beschlossen. Das ist deshalb pikant, weil Netanyahu in drei Verfahren wegen Korruption und Amtsmissbrauch vor Gericht steht.