Offensive im Gazastreifen Israel kämpft auch im Norden wieder
Schon vor Monaten hatte Israels Militär das Gebiet im Norden des Gazastreifens für gesichert erklärt. Nun werden erneut Kämpfe gemeldet. Auch die viel kritisierte Offensive im südlichen Rafah setzte die Armee fort.
Die militant-islamistische Hamas hat sich offenbar im Norden des Gazastreifens neu formiert. Der militärische Arm der Terrormiliz berichtete von schweren Zusammenstößen seiner Kämpfer mit israelischen Soldaten im Bereich von Dschabaliya.
Eigentlich hatte die israelische Armee das Gebiet nach eigenen Angaben schon vor Monaten gesichert. Laut Nachrichtenagentur AP berichteten Bewohner, dass israelische Kampfflugzeuge und Artillerie Dschabaliya und das Gebiet Seitun östlich von Gaza-Stadt beschossen. "Es war eine sehr schwierige Nacht", sagte der 48-jährige Palästinenser Abdel-Karim Radwan aus Dschabalia AP.
Der israelische Armeesprecher Daniel Hagari hatte am Samstagabend gesagt, Kampfflugzeuge hätten Ziele in Dschabalia im Norden des Gazastreifens angegriffen, nachdem die Zivilbevölkerung dort evakuiert worden sei.
Die Times of Israel berichtete nun, die Armee sei in dem Gebiet von Dschabaliya von 100.000 bis 150.000 Palästinensern ausgegangen. Das Palästinenserhilfswerk UNRWA hatte sich über die Evakuierungsaufrufe "äußerst besorgt".
Armeechef kritisiert wohl fehlende Nachkriegsstratgie
Dass die israelische Armee auch wieder im Norden des Küstenstreifens aktiv ist, sorgte offenbar für Kritik aus dem Militär selbst. Wie der israelische Sender Channel 13 berichtete, beklagte Generalstabschef Herzi Halevi, dass Pläne für den Aufbau einer Zivilverwaltung im umkämpften Gazastreifen fehlten.
Israels Armee müsse mangels einer politischen Strategie für die Zeit nach dem Krieg immer wieder an Orten im Gazastreifen wie zuletzt in Dschabaliya im Norden kämpfen, die sie eigentlich zuvor eingenommen und aus denen sie sich zurückgezogen hatte. Das habe Halevi bei Sicherheitsberatungen mit Ministerpräsident Benjamin Netanyahu gesagt, hieß es.
"Solange es keinen diplomatischen Prozess gibt, um eine Verwaltung im Gazastreifen aufzubauen, die nicht der Hamas angehört, müssen wir immer wieder Kampagnen an anderen Orten starten, um die Infrastruktur der Hamas zu zerstören", wurde Halevi zitiert. "Es wird eine Sisyphusarbeit sein."
Graue Flächen: Bebaute Flächen im Gazastreifen, Schraffur: Israelische Armee
Offensive in Rafah - USA bieten Geheimdienst-Hilfe an
Währenddessen setzte die Armee ihre Offensive in Rafah im Süden des Gazastreifens fort - nachdem sie gestern zu weiteren Evakuierungen aufgerufen hatte. Die Einsätze der israelischen Armee in Rafah blieben "begrenzt" und "konzentrieren sich auf taktische Vorstöße", erklärte die Armee. "Dicht besiedelte Gebiete" würden gemieden.
Die Offensive in Rafah wird international stark kritisiert. Sollte Israel doch darauf verzichten wollen, boten die USA geheimdienstliche Unterstützung beim Aufspüren der Hamas-Anführer an, berichtete die US-Zeitung Washington Post unter Berufung auf vier mit dem US-Angebot vertraute Personen. Dies sei ein Teil der Bemühungen der US-Regierung, eine umfassende Invasion in der mit Flüchtlingen überfüllten Stadt Rafah abzuwenden, hieß es.
US-Beamte hätten zudem angeboten, Israel Tausende von Notunterkünften bereitzustellen, damit die Armee Zeltstädte für die zu evakuierenden Bewohner von Rafah aufbauen könne, hieß es weiter.
Militär berichtet von weiteren Tunneln
Der israelische Armeesprecher Hagari berichtete zudem, dass weitere Tunnel der militant-islamistischen Hamas entdeckt worden seien. In Zeitun im Zentrum des abgeriegelten Küstenstreifens sei eine "unterirdische Route" gefunden worden. Von hier aus hätten Terroristen Angriffe gegen die israelischen Truppen geplant.
Im Gebiet Zeitun finde eine größere Militäraktion statt. Nach Angaben Hagaris wurden etwa 30 Terroristen getötet. In einer Schule seien Dutzende Waffen sichergestellt worden. Auch im östlichen Rafah sei ein Tunnel entdeckt worden. Die Angaben der Armee lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Drei Verletzte in israelischer Küstenstadt
Medien zufolge wurden in der Nacht auch Richtung Israel Raketen abgefeuert. In der Küstenstadt Aschkelon sei eine in einem Wohnhaus eingeschlagen. Drei Menschen seien dabei verletzt worden, hieß es in Medienberichten. Die Hamas hatte zuletzt wieder verstärkt israelische Ortschaften vom Gazastreifen aus angegriffen.