Demonstrierende in Tel Aviv - einige halten Plakate von Hamas-Geiseln hoch (Archivbild: 4. Mai 2024)

Krieg in Nahost Zwei weitere Hamas-Geiseln für tot erklärt

Stand: 22.07.2024 17:29 Uhr

Israel hat zwei weitere Geiseln in der Gewalt der Hamas für tot erklärt. Einer der beiden Männer arbeitete in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Die Geiselfamilien wenden sich in einem Appell an Netanyahus Regierung.

Mehr als neun Monate sind seit dem Massaker der Hamas im Süden Israels und der Entführung zahlreicher Geiseln inzwischen vergangen. 120 Geiseln werden noch immer im Gazastreifen in Gefangenschaft vermutet. Nun hat die israelische Armee zwei weitere von ihnen für tot erklärt.

Alex Dancyg und Jagev Buchstab waren am 7. Oktober 2023 in den Gazastreifen entführt worden. Beide Männer seien laut Geheimdienstinformationen nicht mehr am Leben, ihre Leichen würden von der Terrororganisation Hamas nicht herausgegeben, hieß es. Militärvertreter hätten die Familien informiert. Die Umstände ihres Todes in der Gewalt der Hamas würden untersucht.

Sohn von Holocaust-Überlebenden

Dancyg, ein israelischer Historiker, wäre am Sonntag 76 Jahre alt geworden. Er arbeitete in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem. Dancyg wurde demnach 1948 als Sohn von Holocaust-Überlebenden in Warschau geboren und wanderte 1957 mit seiner Familie nach Israel aus. Zuletzt lebte er im Kibbuz Nir Oz, von wo er beim Angriff der Hamas in den Gazastreifen verschleppt wurde.

Die Gedenkstätte würdigte ihren Mitarbeiter als "engagierten und loyalen Partner in der Mission, sinnvolle Holocaust-Erinnerung und -Erziehung sowohl hier in Israel als auch in der ganzen Welt zu unterstützen und zu verbreiten". Dancyg habe seine israelische und jüdische Identität und seinen polnischen Geburtsort erfolgreich in seinen Unterricht über den Zweiten Weltkrieg sowie den Holocaust integriert, erklärte der Gedenkstättenleiter Dani Dayan.

Alex Dancyg

"Mann des Friedens und der Freundschaft": Alex Dancyg arbeitete in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem

Dancyg hatte seit 1990 für Yad Vashem gearbeitet. Unter anderem leitete er Ausbildungskurse für die Leiter israelischer Jugendreisen nach Polen und engagierte sich für das jüdisch-polnische Verhältnis.

Das polnische Außenministerium in Warschau würdigte Dancyg als "Mann des Friedens und der Freundschaft, der einen großen Beitrag zum polnisch-jüdischen Dialog geleistet hat". Die polnische Regierung werde sich weiter für die bedingungslose Freilassung aller Geiseln in Gaza einsetzen.

Musiker Buchstab wurde mit seiner Frau entführt

Ebenso für tot erklärte wurde der 35-Jährige Buchstab. Der Musiker sei ebenso wie seine Frau entführt worden, die israelische und deutsche Staatsbürgerin ist, schrieb der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, im sozialen Netzwerk X. Sie sei später wieder freigekommen. "Unsere Herzen sind mit ihr und der ganzen Familie."

Buchstab war nach Angaben des Forums der Geisel-Familien mit seiner Frau aus dem Kibbutz Nirim entführt worden.

Das Forum nutzte die Erklärung im Gedenken der beiden auch als Mahnung. "Jagev und Alex wurden lebend gefangen genommen und hätten lebend zu ihren Familien und in ihr Land zurückkehren sollen", schrieb das Forum. Ihr Tod spiegele auf tragische Weise die Konsequenzen der Verzögerungen bei den Verhandlungen um eine Waffenruhe im Gazastreifen und Freilassung der 120 Geiseln im Gegenzug für palästinensische Häftlinge wider. Man fordere von der israelischen Regierung, einem Geisel-Abkommen umgehend zuzustimmen. "Mit jeder Woche, die vergeht, läuft die Zeit für die Geiseln ab."

Verhandlungen sollen in Katar weitergehen

Nach israelischen Armeeangaben sind bereits 44 der 120 Geiseln im Gazastreifen nicht mehr am Leben. Die indirekten Verhandlungen über ihre Freilassung und eine Feuerpause im Gazastreifen laufen seit Monaten schleppend. In die Gespräche war aber zumindest etwas Bewegung gekommen. Eine israelische Abordnung wollte sich am Donnerstag auf den Weg nach Katar machen. Bei den Gesprächen vermitteln neben Katar auch Ägypten und die USA. 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 22. Juli 2024 um 17:44 Uhr.