Ultraorthodoxe Juden

Israel Ultraorthodoxe Juden protestieren gegen Wehrdienst

Stand: 01.07.2024 08:27 Uhr

In Jerusalem haben Zehntausende ultraorthodoxe Juden teils gewaltsam gegen das Gerichtsurteil demonstriert, das auch sie zum Wehrdienst verpflichtet. Politisch könnten die Proteste die Koalition von Premierminister Netanyahu gefährden.

Tausende ultraorthodoxe Juden haben in Israel gegen ihre vom Obersten Gericht verfügte Teilnahme am Wehrdienst protestiert und sich Straßenschlachten mit der Polizei geliefert.

Zunächst gab es Proteste Zehntausender in einem ultraorthodoxen Viertel der Hauptstadt Jerusalem. Nach Einbruch der Dunkelheit zog die Masse in Richtung Zentrum. Nach Angaben der Polizei warf die Menge Steine und demolierte das Auto eines ultraorthodoxen Regierungsmitglieds. Die Polizei versuchte, die Menge mit Wasserwerfern und berittenen Beamten zu zerstreuen. Mehrere Polizisten seien verletzt, fünf Randalierer festgenommen worden, berichtete die Zeitung Times of Israel in der Nacht.

Die Polizei setzt Wasserwerfer gegen ultraorthodoxe Demonstranten in Jerusalem ein.

Bei den Protesten in Jerusalem setzte die Polizei auch Wasserwerfer ein, um die Menge ultraorthodoxer Demonstranten zu zerstreuen.

Religiöse Studien statt Wehrdienst

Der Militärdienst ist für die meisten Männer und Frauen in Israel obligatorisch. Politisch einflussreiche ultraorthodoxe Parteien haben jedoch erreicht, dass ihre Anhänger vom Wehrdienst ausgenommen werden und sich stattdessen religiösen Studien widmen können. Für säkulare Juden ist das schon seit Jahrzehnten ein Ärgernis.

Seit dem Überfall der Hamas auf Israel und dem Beginn des Krieges im Gazastreifen, für den Zehntausende Israelis eingezogen wurden, hat dieser Unmut noch einmal deutlich zugenommen. Mehr als 600 israelische Soldaten wurden im Verlauf des Krieges getötet. Zehntausende Reservisten sind eingezogen worden, was Karrieren unterbrach und Geschäftspläne über den Haufen warf.

Urteil könnte Koalition kippen

In der vergangenen Woche entschied das Oberste Gericht dann, dass die Streitkräfte des Landes künftig auch ultraorthodoxe Juden zum Militärdienst einziehen müssen. Ultraorthodoxe Parteien und ihre Anhänger warnten, der Zwang zum Armeedienst werde ihre seit Generationen gewohnte Lebensweise zerstören.

Die Gerichtsurteil hat das Potenzial, die wackelige Regierungskoalition von Premierminister Benjamin Netanyahu auseinanderbrechen zu lassen. Denn die einflussreichen ultraorthodoxen Parteien, die Teil des Bündnisses sind, lehnen jedwede Änderung der bisherigen Regelung ab.