Al-Aksa-Moschee in Jerusalem Mehr als 150 Verletzte bei Zusammenstößen
In Jerusalem ist die Stimmung aufgeheizt: Ramadan, das Pessach-Fest und Ostern fallen zusammen. Bei den Feiern kam es zu Zusammenstößen zwischen israelischen Sicherheitskräften und Palästinensern. Mehr als 150 Menschen wurden verletzt.
Inmitten einer ohnehin angespannten Sicherheitslage ist es auf dem Tempelberg in Jerusalem zu Zusammenstößen zwischen israelischen Sicherheitskräften und Palästinensern gekommen. Mehr als 150 Menschen wurden verletzt.
Hunderte Palästinenser seien festgenommen worden, teilte die israelische Polizei mit. Sie machte palästinensische "Randalierer" für die Gewalt verantwortlich. Die Gewalt war nach dem Ende der Morgengebete bei der Al-Aksa-Moschee ausgebrochen.
Hunderte Christen und Zehntausende Muslime
Für den heutigen Tag waren ohnehin Spannungen bereits erwartet worden. Denn der muslimische Fastenmonat Ramadan fällt in diesem Jahr mit dem jüdischen Pessachfest und dem christlichen Osterfest zusammen.
Am Vormittag zogen Hunderte Christen in Jerusalem an den Kreuzweg Jesu. Die Prozession ging durch die Altstadt. Es gab ein großes Aufgebot an Sicherheitskräften. Erstmals seit drei Jahren konnten wieder Touristen und Pilger zu Ostern ins Heilige Land einreisen.
Unterdessen kamen Zehntausende Muslime zum Freitagsgebet in die Jerusalemer Altstadt, um während des muslimischen Fastenmonats Ramadan auf dem und um den Tempelberg (Al-Haram al-Scharif) zu beten. Am Abend sollte auch das jüdische Pessachfest beginnen, das zusätzlich Gläubige und Besucher anzieht. Das Tourismusministerium erwartet rund 30.000 ausländische Touristen allein in dieser Woche.
Der Tempelberg liegt am Rand der Altstadt von Jerusalem und gilt Juden und Muslimen, aber auch Christen als bedeutendes Heiligtum. An der Stelle, an der heute der Felsendom steht, soll Abraham, beziehungsweise Ibrahim - Stammvater der jüdischen, christlichen und muslimischen Religionen - von Gott den Auftrag bekommen haben, seinen Sohn Isaak zu opfern. Dadurch sollte Abraham seine Gottesfurcht beweisen. Gott verhinderte dies der Überlieferung zufolge jedoch in letzter Minute und gab sich mit einem Tieropfer zufrieden.
Darüber hinaus ritt nach islamischer Überlieferung der Prophet Mohammed von dieser Stelle aus mit seinem Pferd in den Himmel. Im Jahr 687 (christlicher Zeitrechnung) wurde dort mit dem Bau des Felsendoms begonnen. Zusammen mit der benachbarten Al-Aksa-Moschee und der Kaaba in Mekka zählt er zu den drei wichtigsten Heiligtümern des Islam.
Auch für Juden ist der Ort das wichtigste Heiligtum, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen. Der erste Tempel von König Salomon soll im 6. Jahrhundert v. Chr. von den Babyloniern zerstört worden sein. Der zweite wurde um 515 v. Chr. erbaut, von König Herodes umgestaltet und von den Römern im Jahr 70 zerstört. Die Klagemauer am Fuß des Tempelbergs ist der Überrest der ehemaligen westlichen Stützmauer des zweiten Tempels.
Steine, Feuerwerkskörper und Tränengas
Der Gewaltausbruch ereignete sich schließlich im Bereich der Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg in der Altstadt, einer der heiligsten Stätten des Islam. Auch für Juden und Christen gibt es dort heilige Stätten.
Palästinenser hätten sich am Morgen in der Al-Aksa-Moschee verbarrikadiert, erklärte die israelische Polizei. Sie hätten Steine geworfen und Feuerwerkskörper gezündet. Unter rund 12.000 Gläubigen hätten sich etwa 100 Randalierer befunden. Der palästinensische Rote Halbmond meldete, mindestens 152 Palästinenser seien verletzt worden, als israelische Sicherheitskräfte Tränengas und Gummigeschosse eingesetzt hätten. Medien zufolge wurden auch drei israelische Polizisten verletzt.
Im Bereich der Al-Aksa-Moschee kam es zu Ausschreitungen: Steine wurden geworfen, Feuerwerkskörper gezündet. Die Sicherheitskräfte reagierten mit Tränengas.
Der Direktor der Al-Aksa-Moschee, Omar al-Kiswani, sagte der Nachrichtenagentur AFP, dass auch ein israelischer "Angriff im Inneren der Al-Aksa-Moschee" stattgefunden habe. Mehr als 80 junge Menschen seien aus der heiligen Moschee vertrieben worden. Die israelische Polizei erklärte hingegen, die Moschee nicht betreten zu haben.
Gegenseitige Schuldzuweisung
Der israelische Außenminister Jair Lapid bezeichnete die Ausschreitungen heute als "inakzeptabel". "Das Zusammentreffen von Pessach, Ramadan und Ostern ist ein Symbol für das, was wir gemeinsam haben", betonte er. "Wir dürfen nicht zulassen, dass jemand diese heiligen Tage zu einer Plattform für Hass, Aufwiegelung und Gewalt macht."
Die Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und die im palästinensischen Gazastreifen herrschende islamistische Hamas wiederum beschuldigten die israelischen Sicherheitskräfte.
EU und UN rufen zur Deeskalation auf
Die EU reagierte besorgt auf die heutigen Zusammenstöße. "Die Gewalt muss sofort aufhören", teilte ein Sprecher des Auswärtigen Dienstes der EU mit. Weitere Opfer unter der Zivilbevölkerung müssten verhindert und der Status Quo der heiligen Stätten vollständig respektiert werden. Die EU wiederholte den Aufruf an alle Seiten, sich um eine Deeskalation zu bemühen.
Auch die Vereinten Nationen riefen Israelis und Palästinenser zur Deeskalation auf. Der UN-Nahostbeauftragte Tor Wennesland zeigte sich besorgt über die sich verschlechternde Sicherheitslage. "Ich fordere die Verantwortlichen auf beiden Seiten dringend auf, die Lage sofort zu deeskalieren und weitere Provokationen radikaler Akteure zu verhindern", teilte der Diplomat in einer Erklärung mit.
Vier Anschläge in den letzten Wochen
Die Sicherheitslage in Israel und den Palästinensergebieten war bereits zuvor extrem angespannt gewesen: In den vergangenen Wochen wurden bei vier Anschlägen in Israel 14 Menschen getötet. Die Attentäter waren bei zwei Anschlägen israelische Araber mit Verbindungen zur Terrororganisation Islamischer Staat (IS). Bei den beiden anderen Attentaten waren die Angreifer Palästinenser aus dem besetzten Westjordanland. Erst vergangene Woche hatte ein Palästinenser in der israelischen Küstenmetropole Tel Aviv drei Menschen erschossen.