Flugzeugabsturz in Kasachstan Was verraten die Flugschreiber?
Was führte zum Absturz des Flugzeugs in Kasachstan? Und warum war die Maschine so weit von ihrer eigentlichen Route entfernt? Antworten könnten die Flugschreiber geben, die nun gefunden wurden. Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren.
Nach dem Absturz des Passagierflugzeugs in Kasachstan haben die Ermittlungen nach der Ursache des Unglücks begonnen. Bergungstrupps hatten noch am Abend am Unglücksort die Flugschreiber geborgen, auch bekannt als Blackbox. Die Maschine der Azerbaijan Airline war bei Aktau an der Küste des Kaspischen Meeres abgestürzt.
Dabei kamen nach offiziellen Angaben 38 Menschen ums Leben gekommen, 29 Insassen der Unglücksmaschine überlebten teilweise schwer verletzt. Es ist nach wie vor völlig unklar ist, weshalb das Flugzeug abstürzte.
Wie konnte es zu dem dramatischen Absturz kommen? Nun werden das Wrack und die Flugschreiber genau analysiert.
Vogelschlag oder russischer Beschuss?
Zu den Ursachen kursieren mehrere unbestätigte Spekulationen: vom Vogelschlag bis hin zu Beschuss durch russische Flugabwehr. Kasachstans Vize-Regierungschef Qanat Aldabergenuly Bosymbajew forderte inzwischen, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Die Ergebnisse der Untersuchungen würden nach Abschluss der Arbeiten "selbstverständlich" veröffentlicht.
Die Maschine war am Mittwochmorgen in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku mit 67 Insassen gestartet - unter ihnen waren fünf Besatzungsmitglieder. Sie sollte planmäßig nach Grosny, der Hauptstadt der russischen Teilrepublik Tschetschenien, fliegen.
Aus noch unbekannten Gründen nahm das Flugzeug kurz vor dem Landeanflug Kurs in Richtung Kaspisches Meer. Dort signalisierte der Pilot nach Angaben der kasachischen Agentur Tengrinews eine Notlage - in Pilotenkreise als "emergency squawk 7700" bekannt.
"Die Sache muss gründlich aufgeklärt werden"
Videos zeigen, wie das Flugzeug aus geringer Höhe an der Küste des Kaspischen Meeres abstürzte, ohne den nahe gelegenen Flughafen der Stadt Aktau zu erreichen. Nach Berichten von Augenzeugen flog die Maschine zwei weite Kreise, ehe sie beim Versuch eines dritten Kreises auf dem Boden aufschlug.
Tengrinews veröffentlichte ein Video aus der Kabine der Unglücksmaschine, das heruntergefallene Sauerstoffmasken zeigt, ebenso wie aufgeregte Rufe von Passagieren. Wann genau das Video aufgenommen wurde, ist nicht ersichtlich.
Die Maschine habe wegen schlechter Wetterbedingungen nicht in Grosny landen können und deshalb Kurs auf einen Ausweichflughafen genommen, sagte der aserbaidschanische Präsident Ilham Aliyev. "Doch die Gründe für den Absturz sind uns noch unbekannt."
Es gebe verschiedene Theorien. "Die Sache muss gründlich aufgeklärt werden", sagte er der staatlichen Nachrichtenagentur Azertag zufolge. Azerbaijan Airlines führte den mutmaßlichen Schaden an dem Flugzeug in ersten Äußerungen auf die mögliche Kollision mit einem Vogelschwarm zurück.
"Einwirkung von außen realistischstes Szenario"
Nach Ansicht von Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt sind Nebel oder ein Vogelschwarm als Absturzursache unwahrscheinlich. "Das realistische Szenario ist eine Einwirkung von außen", sagte er der tagesschau. "Das Flugzeug war extrem schwer beschädigt, nicht steuerbar. Das ist nichts, was zum Beispiel durch einen Vogelschwarm erzeugt wird, da fallen die Triebwerke aus, aber das Flugzeug bleibt steuerbar."
Russische Militärblogger schlossen ebenfalls eine andere Erklärung nicht aus: Das Flugzeug könnte über dem Nordkaukasus in Zonen geraten sein, in denen am Mittwochmorgen ukrainische Drohnen bekämpft worden seien. Dazu gab es jedoch keine offizielle Mitteilung des russischen Verteidigungsministeriums, das üblicherweise die Bekämpfung von einfliegenden Drohnen meldet.
In der ukrainischen Hauptstadt Kiew vertrat der Leiter des Zentrums zur Bekämpfung von Desinformation, Andrij Kowalenko, die Ansicht, die Maschine sei auf ihrem Weg nach Grosny von der russischen Flugabwehr beschossen und beschädigt worden. Einen Beweis für seine Behauptungen erbrachte er nicht.
Trauer und viele offene Fragen - die Opfer des tragischen Absturzes sollen nun nach Aserbaidschan überführt werden.
Trauertag in Aserbaidschan
Während die Ermittlungen laufen, hat in Aserbaidschan ein Trauertag begonnen. Flaggen in Aserbaidschan wurden auf halbmast gesetzt, wie die kasachische Agentur Tengrinews unter Berufung auf örtliche Medien berichtete. Für heute geplante Kulturveranstaltungen in Theater- und Konzerthäusern, die dem Kulturministerium unterstehen, seien verschoben worden.
Die Leichen der ums Leben gekommenen Passagiere und Besatzungsmitglieder würden nach Aserbaidschan überführt, hieß es auf der Plattform X in einem gemeinsamen Statement der Fluggesellschaft und des aserbaidschanischen Ministeriums für Notfallsituationen.