Joseph Aoun

Joseph Aoun General zum neuen Präsidenten des Libanon gewählt

Stand: 09.01.2025 15:05 Uhr

Der Libanon hat wieder einen Präsidenten. Nach mehr als zweijähriger Blockade stimmte das Parlament bei einem erneuten Anlauf für den Armeechef Aoun. Dieser sprach nach seiner Wahl von einer "neuen Phase in der Geschichte des Libanon".

Das libanesische Parlament hat den Generalstabschef der Armee, Joseph Aoun, zum neuen Präsidenten gewählt. In einer zweiten Abstimmung erhielt er 99 Stimmen und erreichte damit die erforderliche Mehrheit.

In der ersten Runde konnte sich Aoun noch nicht durchsetzen. Dort erzielte er lediglich 71 der 128 Stimmen. Für einen Erfolg hätte er jedoch mindestens 86 Stimmen erhalten müssen. Im zweiten Wahlgang genügte ihm jedoch eine einfache Mehrheit von 65 Stimmen, um das Amt zu sichern.

"Neue Phase für den Libanon"

"Heute hat eine neue Phase in der Geschichte des Libanon begonnen", sagte Aoun in seiner Antrittsrede im Parlament. "Wir werden in die Armee investieren, um die Grenzen zu sichern, den Terrorismus zu bekämpfen, internationale Resolutionen umzusetzen und um israelische Angriffe zu verhindern", sagte er. Er betonte, es werde keine Immunität für Kriminelle und Korruption geben.

Aoun übernahm 2017 das Kommando über die Armee. In dieser Position ist er derzeit auch dafür zuständig, die im November vereinbarte Waffenruhe zwischen der proiranischen Hisbollah-Miliz und Israel zu überwachen. Mit öffentlichen Äußerungen hielt sich der General bisher zurück, er vermied Medienauftritte und gab seine Kandidatur nie offiziell bekannt.

Einige Abgeordnete verweigerten Aoun ihre Unterstützung mit der Begründung, dass seine Wahl eine Verfassungsänderung erfordere. Gemäß der Verfassung dürfen Personen, die in den zwei Jahren vorher einen höheren Beamtenposten innehatten, nicht zum Präsidenten gewählt werden. Diese Regel wurde allerdings bereits bei früheren Präsidentschaftskandidaten gebrochen.

Politischer Neustart?

Beobachter sehen in seiner Wahl eine Chance für einen politischen Neustart im Land, um ein mehr als zwei Jahre andauerndes politisches Machtvakuum zu beenden. Der Krieg zwischen der Hisbollah und Israel im vergangenen Jahr hatte den Libanon zuletzt weiter in die Krise gestürzt.

Mit der Einigung auf Aoun wird auch der Weg für internationale Hilfe zum Wiederaufbau geebnet. Die USA, Saudi-Arabien und Frankreich hatten dies immer wieder zur Bedingung gemacht.

Macht der Hisbollah sinkt

Der Libanon ist konfessionell stark gespalten, und die Macht ist seit Jahrzehnten nach einem Proporz-System aufgeteilt. Der Präsident ist demnach immer ein Christ, der Regierungschef ein Sunnit und der Parlamentspräsident ein Schiit. Dieses System ist anfällig für Patt-Situationen, die bereits mehrfach dazu geführt haben, dass das Land längere Zeit keinen Präsidenten hatte.

Mit der Wahl von Aoun endet nun eine Periode von über zwei Jahren, in der der Libanon ohne Präsident war. Die Wahl am heutigen Tag war der 13. Anlauf des libanesischen Parlaments, das vakante Amt zu besetzen.

Die überraschende Einigung auf Aoun ist ein Zeichen, dass der politische Einfluss der Hisbollah im Land sinkt. Sie ist nach dem Krieg mit Israel, in dem unter anderem ihr Chef Hassan Nasrallah getötet wurde, und dem Umsturz in Syrien stark geschwächt. Immer wieder hat sie Kandidaten für das Amt des Präsidenten wie auch des Regierungschefs blockiert und damit den Eindruck entstehen lassen, dass sie die Wahl der beiden wichtigsten Ämter im Land diktieren kann.