Angaben Ägyptens Etwa 7.000 Ausländer wollen aus Gaza ausreisen
Hunderte Ausländer durften bereits den Gazastreifen Richtung Ägypten verlassen. Dem Außenministerium in Kairo zufolge warten aber noch Tausende. Währenddessen gingen die Kämpfe in dem dicht besiedelten Küstenstreifen weiter.
Im Gazastreifen warten nach Angaben Ägyptens etwa 7.000 ausländische Staatsangehörige aus 60 Ländern auf die Ausreise. Das teilte das Außenministerium in Kairo mit. Das Ministerium lud Vertreter ausländischer Botschaften zu einem Treffen in Kairo ein, um über die benötigten Dokumente für die Ausreise sowie die Logistik zu informieren.
Ob es sich bei den 7.000 nur um ausländische Staatsangehörige oder auch um Palästinenser mit zweitem Pass handelt, ist unklar. Offen ist auch, ob sich darüber hinaus weitere Ausländer in Gaza aufhalten, die nicht ausreisen wollen. Über welchen Zeitraum die Ausländer ausreisen sollten und ob es für die Öffnung des Grenzübergangs Rafah bereits eine Vereinbarung gebe, teilte das Ministerium nicht mit.
Auch Arabische Emirate wollen Verletzte aufnehmen
Am Mittwoch hatten erstmals seit Beginn des Nahost-Kriegs Hunderte ausländische Staatsangehörige und Palästinenser mit Zweitpass das abgeriegelte Küstengebiet verlassen. Darunter waren auch Deutsche. Wie der Ägyptische Rote Halbmond der Nachrichtenagentur dpa bestätigte, überquerten heute erneut etwa 400 Menschen die Grenze - 200 weitere sollen folgen. Erstmals wurden auch verletzte Palästinenser zur Behandlung in ägyptische Krankenhäuser gebracht.
Auch die Vereinigten Arabischen Emirate kündigten an, Verletzte behandeln zu wollen. Der emiratische Präsident Mohammed bin Sajid habe die Behandlung von 1.000 palästinensischen Kindern aus Gaza in Begleitung ihrer Familien verfügt, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur WAM am Mittwochabend.
Graue Flächen: Bebaute Flächen im Gazastreifen
Kämpfe im Norden des Gazastreifens
Währenddessen gingen in der Nacht die Kämpfe zwischen israelischen Soldaten und der militant-islamistischen Hamas im Gazastreifen weiter. Der bewaffnete Arm der im Gazastreifen herrschenden Islamistenorganisation, die Kassam-Brigaden, berichtete von Konfrontationen im Nordwesten des Küstenstreifens. Sie hätten Soldaten dort und südöstlich von der Stadt Gaza mit Panzerabwehrgranaten angegriffen.
Die israelische Armee teilte mit, Soldaten seien auf Terrorzellen gestoßen, die mit Panzerabwehrraketen, Sprengsätzen und Handgranaten angegriffen hätten. Es kam demnach zu langen Kämpfen, bei denen die Soldaten Unterstützung durch Artillerie und Luftwaffe bekamen. "Dutzende Terroristen" seien dabei getötet worden. Es sei auch Infrastruktur der Hamas zerstört worden. Das Militär machte keine Angaben zu möglichen Verletzten oder Opfern in den eigenen Reihen bei den jüngsten Kämpfen. Die Hamas wird auch von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuft.
Hamas meldet mehr Tote - UN besorgt
Nach der Darstellung der Hamas stieg zudem die Zahl der Toten bei israelischen Angriffen auf die Flüchtlingssiedlung Dschabalia im Gazastreifen. Binnen zwei Tagen seien 195 Menschen getötet worden. Bei den Angriffen am Dienstag und Mittwoch seien zudem 777 Menschen verletzt worden, 120 seien noch unter den Trümmern verschollen, erklärte der Pressedienst der Hamas, die im Gazastreifen die Regierung stellt. Diese Zahlen können nicht unabhängig überprüft werden. Wie ARD-faktenfinder Pascal Siggelkow berichtet, korrigierte die Hamas die Zahl jedoch bereits mehrfach.
Die Vereinten Nationen hatten gestern bereits die Sorge geäußert, es könne sich bei dem Angriff um ein Kriegsverbrechen handeln. "Angesichts der hohen Zahl an zivilen Opfern und des Ausmaßes der Zerstörung nach den israelischen Luftangriffen auf das Dschabalia-Flüchtlingslager haben wir ernsthafte Bedenken, dass es sich um unverhältnismäßige Angriffe handelt, die Kriegsverbrechen darstellen könnten", schrieb das Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte im Kurzbotschaftendienst X, früher Twitter.
Weitere Lkw erreichen Gaza
Insgesamt spitzt sich laut UN die humanitäre Krise in Gaza zu. Wie der Palästinensische Rote Halbmond am Mittwochabend mitteilte, sind weitere 55 Lastwagen mit dringend benötigten Hilfsgütern eingetroffen. Sie hätten Wasser, Essen und Arzneimittel von Ägypten aus über die Grenze gebracht. Damit seien seit Beginn des Kriegs insgesamt 272 Lastwagen in dem abgeriegelten Küstengebiet eingetroffen.
Die Lieferung von Treibstoff sei von den israelischen Behörden bisher nicht genehmigt worden, erklärte das UN-Nothilfebüro OCHA. Dieser werde dringend benötigt, unter anderem für den Betrieb lebensrettender Geräte. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums könnten 16 von insgesamt 35 Krankenhäusern in dem Küstengebiet wegen Treibstoffmangels keine Patienten mehr behandeln. Israel will die Einfuhr von Treibstoff in den Gazastreifen nicht erlauben, weil es fürchtet, die Hamas könnte diesen für militärische Zwecke nutzen.
Israel greift infolge des verheerenden Hamas-Terrorangriffs vom 7. Oktober, bei dem nach israelischen Angaben etwa 1.400 Menschen starben und mehr als 240 Geiseln genommen wurden, massiv Ziele im Gazastreifen an. Dadurch sollen nach Darstellung des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums im Gazastreifen bislang mehr als 8.700 Palästinenser getötet worden sein, darunter offenbar viele Kinder und Jugendliche. Fast die Hälfte der 2,3 Millionen Einwohner des dicht besiedelten Gazastreifens sind unter 18 Jahre alt. Die Zahlen zu den Todesopfern lassen sich jedoch nicht unabhängig überprüfen.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.