Nahost-Krieg Israel bombardiert offenbar Ziele im Süden Gazas
Israel hat einem Medienbericht zufolge Ziele in Chan Yunis im Süden Gazas bombardiert. Die Lage für die Zivilbevölkerung ist laut Helfern inzwischen unerträglich. Israel verfügt einem US-Bericht zufolge über Pumpen, um die Hamas-Tunnel zu fluten.
Die israelische Zeitung "Times of Israel" zitierte in der Nacht palästinensische Berichte, wonach es intensive Angriffe der israelischen Streitkräfte in der größten Stadt des südlichen Teils des Gazastreifens gebe.
Zuvor seien Dutzende israelische Panzer in den südlichen Gazastreifen vorgestoßen und seien in der Nähe von Chan Yunis gesichtet worden, meldete die Zeitung. Augenzeugen hätten auch gepanzerte Mannschaftstransporter und Planierraupen gesehen.
"Unerträgliches Leid der Zivilbevölkerung"
Nach der Ausweitung des israelischen Militäreinsatzes gegen die Terrorgruppe Hamas auf den Süden des abgeriegelten Küstengebiets wächst angesichts des Leids der Zivilbevölkerung die Kritik am Vorgehen der Armee. Hilfsorganisationen sprechen von "Horror" und "unerträglichem Leid der Zivilbevölkerung".
Keiner fühle sich sicher, wenn alle zehn Minuten Bomben fallen würden, sagte der Sprecher des UN-Kinderhilfswerks UNICEF, James Elder, am Montag der BBC.
Zwei Krankenhäuser im Süden können nach Angaben der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen den Zustrom von Patienten kaum mehr bewältigen. Vor allem das Al-Aksa-Krankenhaus sowie das Nasser-Krankenhaus seien betroffen, teilte die Organisation mit.
Israel wirft der Hamas vor, Angriffe aus Wohngebieten und Krankenhäusern heraus zu verüben und Zivilisten als Schutzschilde zu missbrauchen.
WHO soll zu Räumung von Lager aufgefordert worden sein
Ein medizinisches Lager der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Süden des Gazastreifens musste nach Angaben der Organisation auf israelische Anordnung geräumt werden. Die Armee habe davor gewarnt, dass das Lager durch Bodenoperationen unzugänglich werde, teilte die WHO mit.
WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus forderte Israel in einem Beitrag auf der Social-Media-Plattform X auf, die Anordnung zurückzunehmen und alle Maßnahmen zu ergreifen, um die Zivilbevölkerung und die zivile Infrastruktur, darunter Krankenhäuser und humanitäre Einrichtungen, zu schützen. Das israelische Verteidigungsministerium bestreitet in einer Stellungnahme, die WHO zur Evakuierung der Lagerhäuser aufgefordert zu haben.
"Die Wahrheit ist, dass wir Sie nicht gebeten haben, die Lagerhäuser zu evakuieren", erklärte die israelischen Behörde für zivile Angelegenheiten in den besetzten Gebieten (Cogat) im Onlinedienst X, vormals Twitter. Sie habe dies gegenüber den entsprechenden UN-Vertretern klar gemacht, hieß es.
Kein Netz-Totalausfall in Gaza
Ein israelischer Armeesprecher dementierte außerdem einen erneuten Totalausfall der Telekommunikationsdienste in dem Küstenstreifen. Er selbst habe Live-Übertragungen palästinensischer Propaganda-Leute auf TikTok gesehen, sagte Armeesprecher Jonathan Conricus dem US-Sender CNN in der Nacht. Die Netzwerke seien vielleicht nicht perfekt, aber einen vom palästinensischen Unternehmen Paltel zuvor gemeldeten Blackout in Gaza gebe es nicht, sagte der Armeesprecher.
Die israelische Armee hat eine Evakuierungskarte aktiviert, die den Gazastreifen in Hunderte kleiner Zonen unterteilt, um die Zivilisten über Kampfzonen zu informieren. Kritiker beklagen jedoch, dass die Menschen vielfach weder Strom noch Internet hätten, um sich die Karte anzusehen. Viele wüssten auch nicht, wie sie mit ihr umgehen sollten.
Graue Flächen: Bebaute Flächen im Gazastreifen. Schraffur: Israelische Armee
Israels greift Stellungen der Hisbollah-Miliz im Libanon an
Israel meldete zudem Angriffe auf die Stellungen der Hisbollah-Miliz im Libanon. In Reaktion auf Beschuss hätten Kampfflugzeuge Raketenstellungen der vom Iran unterstützten Schiiten-Miliz getroffen, teilte die israelische Armee in der Nacht zu Dienstag mit. Auch "Terrorinfrastruktur und ein Militärgelände" seien unter Feuer genommen worden. Man habe auf Beschuss aus dem Libanon auf Ziele in Israel vom Vortag reagiert.
Bei den Angriffen seien drei israelische Soldaten leicht verletzt worden, hatte das Militär zuvor erklärt. Die Hisbollah hatte die Verantwortung für eine Attacke auf israelische Soldaten in der Nacht zu Montag sowie den Beschuss weiterer Ziele übernommen.
Pumpen zur Flutung von Tunneln?
Israel hat derweil einem Medienbericht zufolge ein System aus großen Pumpen zusammengebaut, mit denen es das ausgedehnte Tunnelnetz der islamistischen Hamas unter dem Gazastreifen mit Meerwasser fluten könnte.
Wie das "Wall Street Journal" unter Berufung auf Beamte der US-Regierung berichtete, sei nicht bekannt, ob die israelische Regierung diese Taktik anwenden will. Israel habe weder eine endgültige Entscheidung dazu getroffen, noch einen solchen Plan ausgeschlossen, wurden die Beamten zitiert.
Die israelischen Streitkräfte hätten Mitte November die Montage großer Meerwasserpumpen nördlich des Flüchtlingslagers Al-Shati abgeschlossen, hieß es. Jede der mindestens fünf Pumpen könne Wasser aus dem Mittelmeer entnehmen und Tausende Kubikmeter Wasser pro Stunde in die Tunnel leiten, so dass diese innerhalb weniger Wochen überflutet wären, berichtete die Zeitung. Mit einer solchen Taktik wäre Israel in der Lage, die Tunnel zu zerstören und die Terroristen aus ihrem unterirdischen Versteck zu vertreiben, hieß es. Andererseits würde dies die Wasserversorgung des Gazastreifens bedrohen, wurden die US-Beamten zitiert.