Waffenruhe in Nahost Wie stehen die Chancen auf eine weitere Verlängerung?
Bis Donnerstag wurde die Waffenruhe bereits verlängert. Kann es danach noch eine Verlängerung geben? Problematisch könnte das für Israel werden, wenn die Hamas dann die Freilassung erwachsener Männer verlangt.
Es ist die Frage, die alle bewegt: Kann die Feuerpause nach einer ersten Verlängerung um zwei Tage möglicherweise noch einmal verlängert werden? Die Angehörigen der verschleppten Geiseln und ihre viele Unterstützer und Sympathisanten im ganzen Land hoffen es. Zu stark sind die Bilder und Emotionen, die seit Freitag zu sehen sind und gelebt werden - jedes Mal, wenn Geiseln nach Israel, nach Hause zurückkommen. Und das weiß auch die Regierung.
Gideon Saar ist Mitglied im israelischen Sicherheitskabinett. In einem Interview im Armeeradio macht er klar, dass noch mehr Geiseln freikommen sollen. "Gleich mit Beendigung der Vereinbarung zur Befreiung der Geiseln werden die Kampfhandlungen wieder aufgenommen. Aber so lange wir gemäß der bereits angenommenen Vereinbarung weitere Geiseln befreien können, tun wir das."
Islamisten gehen von Verlängerung aus
Um zwei Tage wird die Waffenruhe vorerst ausgeweitet, doch das muss nicht das Ende sein, macht Mohammad Al-Hindi deutlich. Er ist der Generalsekretär der zweiten großen islamistischen Terrorgruppe im Gazastreifen, des Islamischen Dschihad, der ebenfalls zahlreiche Geiseln in seiner Gewalt hat.
Al-Hindi meldet sich immer wieder aus dem Libanon zu Wort. "Wir haben vom ersten Moment an gesagt, dass wir bereits sind, die Waffenruhe immer weiter zu verlängern, wenn wir genügend Zivilisten haben. Und dass es in unserem Interesse liegt, sie zu verlängern." Er gehe davon aus, dass Israel die Waffenruhe nicht nur um zwei, sondern um mehrere Tage verlängern werde, so Al-Hindi. "Sie haben schließlich für die Freilassung von Frauen Kindern eine Liste mit 300 palästinensischen Gefangenen vorbereitet."
Die Hamas und auch der Islamische Dschihad scheinen also nicht abgeneigt zu sein, die Waffenruhe vorerst zu verlängern, auch über Donnerstag hinaus. Für die Terrorgruppen ist jede Minute wichtig, um sich neu zu sortieren, sich zu organisieren. Zudem werden sie international als gleichwertige Verhandlungspartner wahrgenommen. Und: Sie punkten bei der palästinensischen Bevölkerung im Westjordanland, werden dort als Makler ihrer Gefangenen gesehen, die sie aus den israelischen Gefängnissen bringen.
Forderung nach Freilassung von männlichen Straftätern?
Für Israel sind die palästinensischen Gefangenen noch kein Problem. Bisher wurden nur Minderjährige und Frauen entlassen, denen nur kleinere Delikte vorgeworfen wurden. Doch das könnte sich ändern, wenn künftig Hamas und Islamischer Dschihad darauf bestehen, männliche, erwachsene Straftäter oder möglicherweise auch Schwerverbrecher zu entlassen.
Und noch ein Problem könnte es geben, sagt der Sicherheitsexperte Yaron Avraham im TV-Sender Kanal Zwölf: In der Kabinettssitzung sei über eine Liste mit 50 weiteren, palästinensischen Gefangene abgestimmt worden. "Diese Liste ist aber problematisch, denn es tauchen auch die Namen von arabischen Gefangenen mit israelischer Staatsbürgerschaft auf, die aufgrund von Hetze auf Facebook verhaftet aber noch nicht verurteilt wurden." Damit aber werde eine Verbindung zwischen der Hamas und den israelischen Arabern hergestellt, so Avraham. "Genau das versuchte die Regierung bisher zu verhindern."
Dass die Feuerpause noch einmal um zwei oder vielleicht drei Tage verlängert wird, ist also möglich. Dass daraus ein tragfähiger, dauerhafter Waffenstillstand wird, ist dagegen eher unwahrscheinlich.