Baerbock in Saudi-Arabien Wertebasierte Außenpolitik trifft Realität
Bundesaußenministerin Baerbock ist auf dem Weg auf die arabische Halbinsel. In Saudi-Arabien und Katar wird sie auch über aktuelle Konflikte reden. Außenpolitiker im Bundestag sehen in der Reise eine Chance.
Sevim Dagdelen nennt Saudi-Arabien "diese islamistische Kopf-ab-Diktatur." Die Linken-Abgeordnete kritisiert, dass Deutschland dorthin Waffen liefert. Unter der Ampel sind die Rüstungsexporte sogar noch gestiegen. Dabei sei das Land mitverantwortlich für den Krieg im Jemen.
Dass Annalena Baerbock jetzt das Gespräch mit Saudi-Arabien sucht, findet Dagdelen aber richtig. Nur habe sich die Bundesregierung nach dem Eindruck der Linken-Politikerin unglaubwürdig gemacht - durch Waffenlieferungen. "Gerade Annalena Baerbock steht hier in Saudi-Arabien - und auch Katar - jetzt auch vor einem Scherbenhaufen der deutschen Nahost-Politik", so die Abgeordnete.
Kanzler Olaf Scholz war im vergangenen September in Saudi-Arabien, jetzt folgt die Außenministerin. Gut so, meint der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid: "Es ist eine Schlüsselregion auch für die europäische Sicherheit."
Bemühungen um Frieden
Aktuell bemühen sich die Saudis um einen Waffenstillstand im Sudan. In der Hafenstadt Dschidda laufen Verhandlungen der Konfliktparteien. Dorthin wird Baerbock reisen - auch um Saudi-Arabien für die Hilfe bei der Evakuierungsaktion zu danken. In Dschidda kommen regelmäßig Fähren aus dem Sudan an.
Neben dem Sudan wird der Jemen eine zentrale Rolle bei dem Besuch spielen. Deutschland ist der wichtigste Geber für humanitäre Hilfe dort. Das Land wird seit fast zehn Jahren von einem Bürgerkrieg zerrüttet. Hunderttausende Menschen wurden getötet. Es ist nach Einschätzung von Fachleuten ein Stellvertreterkrieg zwischen Saudi-Arabien und dem Iran. Beide Regierungen kommen sich aber momentan näher. China hat das vermittelt.
Der SPD-Abgeordnete Schmid hofft, dass es Baerbock gelingt, die Saudis zu einem Friedensprozess zu bewegen. Es sei höchste Zeit, dass dieser furchtbare Krieg zu Ende gehe, sagt er.
Probleme bei den Menschenrechten
In Dschidda wird die deutsche Außenministerin nicht nur ihren Kollegen aus Saudi-Arabien, sondern auch den aus dem Jemen treffen. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Max Lucks ist vorsichtig optimistisch und merkt an: "Wir hoffen, dass Saudi-Arabien endlich eine wirkliche Bereitschaft erkennen lässt, auch in einen UN-Prozess einzusteigen."
Lucks weist aber auch darauf hin, dass die Saudis sich dafür stark gemacht haben, dass Syrien wieder in der Arabischen Liga aufgenommen wird. Ende der Woche ist ein Gipfeltreffen der Organisation in Saudi-Arabien geplant. Eingeladen ist auch Syriens Machthaber Assad.
Auch bei den Menschenrechten sieht der Grünen-Politiker massive Probleme, insbesondere wegen der Todesstrafe. Lucks ist sich sicher, dass Baerbock das bei ihrem Besuch ansprechen wird. Er sieht darin ein neues Muster in der deutschen Außenpolitik. Nämlich, dass man "sich nichts mehr vormacht und die Realität anerkennt, Kooperation suchen zu müssen". Und speziell Saudi-Arabien sei ein Akteur, mit dem man Kooperation suchen müsse, so Lucks.
Denn ohne das Land gebe es keinen Frieden im Jemen und keine Stabilität im Sudan. Und nicht miteinander zu reden hieße auch, China noch mehr Raum zu geben. Wertebasierte Außenpolitik trifft auf die Realität.