Dommaraju Gukesh aus Indien spielt gegen Ding Liren aus China.

Schach-WM in Singapur Wie Schach die Jugend fesselt

Stand: 04.12.2024 11:58 Uhr

Spannender könnte es im Finale der Schach-WM in Singapur kaum sein. Zwischen dem Inder Dommaraju und dem Chinesen Liren steht es unentschieden. Am Ende könnte ein Stechen entscheiden.

Die beiden Spieler sitzen in einem schall- und blickdichten Glaskasten. Nichts soll ihre Konzentration stören.

Im Publikum in einem Luxushotel auf der Insel Sentosa in Singapur sitzen viele Kinder. Ein Vater spielt mit Tochter und Sohn auf einem Minitatur-Schachbrett. Ein Junge verfolgt den kommentierenden Livestream auf seinem Handy.

Zum ersten Mal sitzen sich bei der Schachweltmeisterschaft zwei Asiaten gegenüber.

Publikum uneins über den Favoriten

Der 18-jährige Gukesh aus Indien ist der jüngste Herausforderer der Geschichte. Viele Beobachter räumen ihm gute Chancen ein. Er tritt gegen den 32-jährigen Ding Liren aus China an. Dieser hatte im vergangenen Jahr den Titel übernommen - vom Weltranglistenersten Magnus Carlsen.

Unter den Zuschauenden in Singapur ist der Chinese Ding der Favorit. Viele hoffen das Beste für ihn. Er hat eine schwere Zeit hinter sich. Der 32-Jährige kämpfte nach seinem WM-Sieg im April vergangenen Jahres mit mentalen Problemen, schlief schlecht, ließ sich zwei Mal in einer Klinik behandeln. Seit Anfang des Jahres ist der Chinese zurück auf der Schach-Bühne, verlor jedoch ein Spiel nach dem anderen. Trotzdem: bei der WM zeigt er bisher gute Nerven.

Auf der Seite des 18-jährigen Gukesh sind besonders viele junge Fans, wie der zehnjährige Alexander. "Ich finde ihn toll. Er hat keine Angst, sich gegen so einen starken Gegner zu stellen." Der sechsjährige Shayne aus Hongkong will auch mal Schachweltmeister werden. Er hat bereits viele Pokale in seinem Kinderzimmer im Bücherregal stehen. "Ich mag Schach, weil mein Gehirn dann richtig arbeitet."

Schach als Pflichtfach an einigen Schulen

Aus diesem Grund gilt in der Overseas Family School in Singapur sogar Schachpflicht. Zumindest vom Kindergarten bis zur 5. Klasse. Dijana Dengler unterrichtet dort. "Ganz viele Fähigkeiten kann man durch Schach trainieren, wie Vorausdenken, Perspektivdenken, Rückwärtsdenken. Wenn ich ein Problem habe, zum Beispiel in Mathe, wie kann ich das lösen? Die Kinder lernen so auch Muster zu erkennen, was auch wichtig ist im Leben."

Sie kritisiert, dass Schach bis heute ein Männer-Sport ist. Als sie vor rund 20 Jahren mit Schach angefangen hat, war sie das einzige Mädchen. "Da haben die Jungs gesagt, dass die Mädchen keine Ahnung haben, dass sie ein kleines Gehirn haben. Und ich wollte denen zeigen, dass das nicht stimmt." Sie trainierte und gewann Turniere. Auch die Preise der Männer. "Für Frauen war der Preis ein schöner Stift und eine Rose. Für Männer gab es Geld."

Preisgeld beträgt 2,5 Millionen US-Dollar

Viel Geld gibt es auch bei dieser WM zu gewinnen. Pro gewonnenem Spiel 200.000, insgesamt 2.5 Millionen US-Dollar. Angesetzt ist das Duell auf bis zu 14 Partien. Für jeden Sieg gibt es einen Punkt. Für jedes Remis einen halben. Weltmeister wird der Spieler, der zuerst 7,5 Punkte erreicht. Bleibt es bei einem Gleichstand wie zur Halbzeit, entscheidet ein Stechen.

Wer ist der Favorit für WM-Moderator und Schachgroßmeister Maurice Ashley? Ding zeige sich stärker als viele vermutet hatten. Der junge Gukesh beeindruckt ihn. "Seine Gelassenheit ist außerhalb jeder Skala. Ich sehe ihn an und denke, der Typ muss 38 sein. Wie kann man so ruhig, gelassen und gesammelt sein, wenn man um den WM-Titel und zweieinhalb Millionen Dollar spielt!"

Dazu komme, dass Gukesh sich noch nicht auf dem Höhepunkt seiner Karriere befinde. Er ist 18. Schachspieler erreichen ihren Höhepunkt nicht bevor sie 30 Jahre alt sind. Sollte der Inder Gukesh also nicht diese WM gewinnen, bekommt er vermutlich noch mal eine Chance auf den Weltmeister-Titel. Zur Halbzeit steht es unentschieden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 01. Dezember 2024 um 19:17 Uhr.