Massenpanik in Seoul Vier Meter breite Gasse wurde zur Todesfalle
Nach der verheerenden Massenpanik in Südkorea, suchen Angehörige immer noch nach Vermissten. Bei einer Halloweenparty sind mehr als 150 Menschen ums Leben gekommen, unter ihnen auch mindestens 22 Ausländer.
In Hut und Jacke sitzt eine ältere Frau in einem Informationszentrum in Seoul. Sie hat die Listen der Toten und Verletzten durchgeschaut, weint leise vor sich hin. Sie habe den von ihr gesuchten Namen nicht finden können, sagt sie und hält sich ein Taschentuch an die Augen.
Auch Nathan Taverniti ist in dem Stadtteilzentrum und will Gewissheit haben. Der Australier war in der Nacht zum Zeitpunkt des Unglücks in Itaewon in Seoul unterwegs und wollte Halloween feiern. Die Ereignisse haben ihn traumatisiert, immer wieder schießen ihm Tränen in die Augen während er sich erinnert: "Es gab einfach eine Welle von Menschen, die hereinkamen, das ist mitten in Itaewon, Wellen von Menschen, und ich habe meine Freunde verloren."
Panik in beliebtem Ausgehviertel
Itaewon in Seoul, das ist eine langgezogene Straße mit Cafés, Restaurants und Bars. Das Viertel ist vor allem als Ausgehviertel bekannt und besonders bei Ausländern beliebt. Von der Hauptstraße gehen jedoch viele kleine Gassen ab, aus denen es im Gedränge keinen Ausweg gibt. So wie es in der Nacht geschehen war: Die betroffene Gasse war nur 45 Meter lang und vier Meter breit und fiel zur Hauptstraße und zum Bahnhof hin ab. Taverniti schildert erschütternde Szenen:
Es waren so viele Menschen... Und ich musste mich umdrehen und sagte der Menge, dass sie nicht hier entlangkommen können, dass Menschen sterben. Denn ich wusste bereits, wie schlimm es war, aber die Leute waren so barsch.
Seine Beschreibungen decken sich mit denen anderer Augenzeugen. Selbst jene, die die Gefahr erkannten, berichten, dass sie sich nur schwer aus dem Gedränge befreien konnten.
Präsident kündigt umfassende Hilfe an
Südkoreas Präsident Yoon Suk-yeol machte sich am Morgen selbst ein Bild von der Unglücksstelle, dann trat er vor die Presse. Er sprach von einer Tragödie und Katastrophe, die nicht hätte passieren dürfen: "Ich spreche den Opfern des Unglücks mein Beileid aus und hoffe, dass die Verletzten bald wieder gesund werden. Mein Mitgefühl gilt den Familienangehörigen der Opfer, die unter dem Verlust eines geliebten Menschen zu leiden haben."
Der Präsident verhängte bis Samstag eine nationale Staatstrauer, Flaggen werden bis dahin auf Halbmast gehisst, Angestellte im öffentlichen Dienst und Beamte werden so lange ein Trauerband am Arm tragen. Den Angehörigen versprach der Präsident jegliche Unterstützung, sowohl psychologisch als auch finanziell.
Erschütternde Szenen im Zentrum von Seoul - die Rettungskräfte mussten auch viele Schwerverletzte behandeln.
Regierung weist Vorwürfe zurück
Weil inzwischen sich auch Stimmen mehren, die Behörden hätten versagt, weil sie die Menschenmassen nicht rechtzeitig kontrolliert hätten, äußerte sich auch Südkoreas Innenminister Lee Sang Min. Er wies die Vorwürfe umgehend zurück. Die Halloweenparty sei keine angemeldete Veranstaltung gewesen und die Massen hätten auch nicht durch mehr Polizei verhindert werden können, zitiert ihn die Tageszeitung "Korea Herald".
Auch ein 53-jährige Anwohner betont: "Ich lebe seit langem in dieser Gegend von Itaewon und weiß, dass die Geschäftsleute durch die Pandemie sehr gelitten haben. Sie haben sich sehr auf Halloween gefreut, so dass die Regierung die Leute nicht wirklich davon abhalten konnte, in die Gegend zu gehen oder die Anzahl der Leute zu begrenzen." Bis auf Weiteres gilt das Viertel jetzt als Katastrophengebiet.