Hintergrund zur Ukraine Das Assoziierungsabkommen mit der EU
Das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine ist das weitreichendste, das die EU bisher ausgehandelt hat. Es sieht nicht nur Wirtschaft- und Handelsbeziehungen und die Schaffung einer Freihandelszone, sondern auch eine politische Zusammenarbeit vor.
Das 1200 Seiten starke Assoziierungsabkommen der EU mit der Ukraine ist bereits seit 2007 Gegenstand von Verhandlungen. Beim EU-Ukraine-Gipfel im Dezember 2011 wurde es in der jetzigen Form verabschiedet und nur drei Monate später, am 30. März 2012 paraphiert. Im November 2013 lehnte es der ehemalige ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch dann überraschend ab, den Vertrag zu unterzeichnen - und löste damit landesweite Proteste aus.
Umfassendes Freihandelsabkommen
Kern des Abkommens ist ein umfassendes Freihandelsabkommen. Dadurch sollen die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen intensiviert werden. Denn die EU und die Ukraine pflegen enge Wirtschaftskontakte: Rund ein Drittel der ukrainischen Exporte fließt in die EU. Vorgesehen ist eine nahezu vollständige Öffnung des EU-Binnenmarkts für die Ukraine - und umgekehrt.
Obwohl die frühere Sowjetrepublik seit langem auf einen Beitritt zur EU drängt, wurde dieser Wunsch in der Präambel des Vertrages nicht berücksichtigt. In der Vergangenheit legten Assoziierungsabkommen jedoch den Grundstein für spätere Beitrittsverhandlungen. So etwa im Fall von Serbien, das 2008 eine solche Vereinbarung mit der EU schloss und einen Beitritt für 2020 plant.
Politische Harmonisierung
Zudem sollen verschiedene Maßnahmen die Ukraine durch Übertragung der EU-Gesetzgebung auch politisch schrittweise näher an die EU heranführen. Das Papier sieht unter anderem eine enge Kooperation in der Außenpolitik, in Justiz- und Grundrechtsfragen vor. Dazu soll etwa die Unabhängigkeit der Justiz und die Durchsetzung der Freiheits- und Bürgerrechte garantiert werden. Auch Maßnahmen gegen Korruption sind Teil des Abkommens.
Verschiedene Vorschriften und Normen in der Ukraine sollen schrittweise an die Standards der EU angepasst werden. Das Spektrum reicht von Urheberrechten über Beschaffungsvorschriften und Wettbewerbsgesetze bis hin zu Vorschriften über den Finanzmarkt oder den Verkehr. Auch im Energiesektor ist eine enge Zusammenarbeit vorgesehen. Auch eine Visafreiheit bei Reisen in den Schengen-Raum ist Thema. Laut der Friedrich-Ebert-Stiftung nennen die Bürger der Ukraine dies als ihr wichtigstes Anliegen gegenüber der Europäischen Union.
Umfangreichstes Abkommen
Das Assoziierungsabkommen besteht aus einer Präambel, sieben Kapiteln, 43 Anhängen und 3 Protokollen. Es ist nach Angaben der EU-Kommission das am weitesten reichende, das die Europäische Union bisher ausgehandelt hat. Jüngst brachte der tschechische EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle in einem Interview eine Mitgliedschaft der Ukraine ins Spiel. Dieses Vorhaben stößt in Brüssel jedoch eher auf Ablehnung.
Hinsichtlich einer möglichen Mitgliedschaft in der NATO erklärte der Chef der Übergangsregierung Arseni Jasenjuk, dass dies kein Ziel der Ukraine sei. Dennoch hat das Land seit dem NATO-Gipfel in Bukarest 2008 eine grundsätzliche Beitrittsperspektive. Ein Mitgliedschaftsaktionsplan ("MAP") wurde der Ukraine in Bukarest jedoch nicht gewährt.
Streitpunkt Timoschenko
Für Streit zwischen den Parteien sorgte in der Vergangenheit stets die Verurteilung der ehemaligen Regierungschefin Julia Timoschenko. Führende EU-Vertreter verurteilten die Urteile als politisch motiviert. So erklärte beispielsweise Ex-Außenminister Guido Westerwelle im Mai 2012, dass das Assoziierungsabkommen nicht unterschrieben werde, solange sich die Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine nicht in die richtige Richtung entwickle.
Nach der Ankündigung zum Abbruch der Assoziierung trat Timoschenko am 25. November 2013 aus Protest in einen unbefristeten Hungerstreik. Kurz nach dem Sturz der ehemaligen ukrainischen Regierung unter Janukowitsch kam sie frei.
Assoziierungsabkommen mit anderen Ländern
Die Ukraine ist einwohnerstärkster Teilnehmerstaat der 2009 gegründeten Östlichen Partnerschaft im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP). Das Ziel ist die Verstärkung der Beziehungen zu den unmittelbaren Nachbarn der EU. Zu diesen Ländern zählen Aserbaidschan, Moldau, Georgien, Weißrussland und Armenien.
Die EU will die politische Assoziierung und die wirtschaftliche Integration mit diesen Staaten voranbringen. Die Schwerpunkte der Zusammenarbeit umfassen die Themen Demokratie und gute Regierungsführung, Wirtschaft und Konvergenz, Energiesicherheit und zwischenmenschliche Kontakte. Ein langfristiges Ziel ist daher auch die Visumfreiheit.