Der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, Mike Turner

Berichte über russische Weltraumpläne Warnung vor "Bedrohung der nationalen Sicherheit" in USA

Stand: 15.02.2024 12:51 Uhr

Die Warnung eines US-Abgeordneten vor einer "ernsthaften Bedrohung der nationalen Sicherheit" sorgt für Aufsehen. Laut Medienberichten soll Russland im All stationierte Atomwaffen entwickeln. Moskau sprach von einer "bösartigen Fälschung".

Der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, Mike Turner, hat vor einer "ernsthaften Sicherheitsbedrohung" der USA gewarnt. Der Republikaner führte nicht aus, um welche Art von Bedrohung es sich handele und bereitete mit der kryptischen Nachricht den Boden für Rätselraten.

Mehrere Medien berichten inzwischen, Russland sei dabei, im Weltraum stationierte Atomwaffen gegen Satelliten zu entwickeln. Die Sender ABC News und die Zeitung New York Times berufen sich auf nicht namentlich genannte US-Regierungsvertreter. Noch sei eine derartige Stationierung aber nicht erfolgt.

Fox News berichtete, mit einem Einsatz nuklearer Systeme gegen Satelliten ließe sich möglicherweise militärische Kommunikation und Aufklärung der USA ausschalten.

Russland weist Berichte als "Fälschung" zurück

Moskau wies die Berichte als Fälschung und Trick zurück. Es handele sich um einen Versuch der US-Regierung, den Kongress zur Genehmigung von mehr Geld für die Ukraine und zur Bekämpfung Russlands zu bewegen, sagte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow. Er wolle sich nicht weiter zu den Berichten darüber äußern, bis die US-Regierung Einzelheiten bekanntgegeben habe. Vize-Außenminister Sergej Rjabkow, zuständig für Fragen der - weitgehend ausgesetzten - Rüstungskontrolle, warf den USA laut der russischen Nachrichtenagentur Tass eine "bösartige Fälschung" vor.

Die New York Times schrieb, die USA hätten den Kongress und Verbündete in Europa über die Pläne Moskaus informiert. Solche neuen nuklearen Fähigkeiten Russlands seien noch in der Entwicklung und bislang nicht zum Einsatz gekommen. Eine akute Gefahr bestehe daher nicht. Verteidigungsminister Boris Pistorius sagte, ihm lägen bislang keine Erkenntnisse darüber vor, dass Russland möglicherweise atomare Anti-Satelliten-Waffen im Weltraum stationieren will. "Diese Meldungen sind meines Wissens sehr, sehr neu, jedenfalls für mich", sagte der SPD-Politiker beim NATO-Verteidigungsministertreffen in Brüssel. Man werde sich darüber mit den Partnern unterhalten.

Weißes Haus überrascht

Turners Stellungnahme sorgte im Weißen Haus für Verwunderung. Er sei etwas überrascht, dass sich Turner öffentlich zu dem Thema geäußert habe, sagte der Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan. Auf mehrere Nachfragen, um welche Art der Bedrohung es sich handele, ging er nicht ein. Die Angelegenheit soll heute Thema einer Zusammenkunft der "Gang of Eight" sein. Der Gruppe gehören hochrangige Kongressabgeordnete beider Parteien an, die vom Präsidenten über Aktivitäten des Geheimdienstes und verdeckte Operationen unterrichtet werden können.  

Turner hatte in seiner Stellungnahme Biden aufgefordert, alle Informationen zu dieser Bedrohung freizugeben, damit der Kongress, die Regierung und die Verbündeten offen über Gegenmaßnahmen diskutieren könnten.

"Kein Grund zur Beunruhigung"

In einer Erklärung des Geheimdienstausschusses im Senat hieß es, dem Gremium lägen die Informationen ebenfalls vor. Man habe die Angelegenheit von Anfang an verfolgt. Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, sagte vor Journalisten: "Wir arbeiten daran, und es gibt keinen Grund zur Beunruhigung." Andere Parlamentarier kritisierten Turners ungewöhnliche Stellungnahme scharf und stellten seine Eignung als Chef des Geheimdienstausschusses infrage.

Ulrich Walter
Einschätzung von Ulrich Walter (Physiker und Ex-Astronaut)
"Die Wirkung von Atombomben im Weltraum ist etwas kompliziert. Denn einerseits gibt es nicht die auf der Erde zerstörerische Wirkung einer Druckwelle, aber es gibt einen Gamma-Blitz, der im Umkreis von 80 Kilometern Satelliten direkt blendet und so zerstört.

Das Problem sind die Folgewirkungen. Der Gamma-Blitz trifft auch auf die Erdatmosphäre und erzeugt extrem viele ionisierte Teilchen, die einen elektromagnetischen Impuls, der auf der Erde über Tausende Quadratkilometer hinweg ungeschützte, also normale, Elektronik zerstört. Die Teilchen erzeugen zudem einen künstlichen Strahlungsgürtel im Weltraum, der längere Zeit existiert und Satelliten weltweit ausschalten kann, also auch russische Satelliten.

Wegen dieser vielen unkontrollierbaren Folgeschäden bezweifle ich, dass die Russen eine Nuklearbombe für den Weltraum wirklich bauen wollen, obwohl sie so etwas sicherlich in ihren Schubladen habe, genauso wie die USA und China. Ich könnte mir gut vorstellen, dass die amerikanische Regierung dieses Atombomben-Gerücht aufbringt, um die Russen zu verteufeln. Im Krieg wird halt überall gelogen, wo die Wahrheit liegt ist dann nur schwer festzustellen."
Katrin Brand, ARD Washington, tagesschau, 15.02.2024 06:37 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 15. Februar 2024 um 07:03 Uhr.